Hannover. In den niedersächsischen Kliniken ist die Lage noch nicht dramatisch, aber ernst. Die Regierung verschärft die Maßnahmen und kündigt Unterstützung an. Einige Kliniken haben schon von sich aus zu drastischen Mitteln gegriffen.

Niedersachsens Kliniken sollen wegen der dramatischen Corona-Lage im Süden und Osten Deutschlands weitere Behandlungskapazitäten für Covid-Kranke in Reserve halten und nicht akute Eingriffe möglichst verschieben. Diese Regelung werde Teil der neuen Corona-Verordnung, die am Mittwoch in Kraft trete, kündigte Gesundheitsministerin Daniela Behrens (SPD) am Dienstag in Hannover an. Viele Krankenhäuser reagierten auch selbst auf die verschärfte Situation und verhängten Besuchsverbote.

In allen Krankenhäusern der Stadt und Region Hannover einschließlich der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) gelte ab Mittwoch ein generelles Besuchsverbot für Angehörige von Patienten, teilte die MHH am Dienstagnachmittag mit. "Die sich weiter verschärfende Corona-Lage lässt uns keine andere Wahl", sagte etwa Thomas Kersting, Geschäftsführer der Diakovere mit mehreren Standorten in der Landeshauptstadt.

Auch in Braunschweig haben die Kliniken Besuchsverbote verhängt oder angekündigt. Für das Städtische Klinikum gelte dies ebenfalls mit nur einigen Ausnahmen etwa bei Geburten, sagte Klinik-Sprecherin Thu Trang Tran. Die MHH kündigte einen Hol- und Bringservice an, damit die notwendige Sach- und Wäscheversorgung der stationären Patientinnen und Patienten weiterhin gewährleistet ist. Es werde aber kein Testangebot vorgehalten, betonte die Medizinische Hochschule.

Schon vor der Ankündigung von Gesundheitsministerin Behrens, dass auf nicht notwendige Operationen verzichtet werden solle, hatten einige Häuser reagiert. "Wir müssen Kapazitäten freihalten", hatte Klinik-Sprecherin Tran der "Braunschweiger Zeitung" (Dienstag) gesagt. Der limitierende Faktor auf der Intensivstation sei jedoch nicht die Bettenzahl, sondern der Mangel an Fachkräften.

Die aktuelle Belegung von 9,7 Prozent der im Land vorhandenen Intensivbetten mit Covid-Patientinnen und -Patienten ist deutlich geringer als etwa in Bayern oder Sachsen. Ministerin Behrens sprach aber von einer "weiterhin angespannten Situation" auch im Nordwesten. Hier sei die Lage noch nicht dramatisch, jedoch durchaus ernst.

Nach Angaben des Gesundheitsministeriums waren mit Stand vom Dienstagmorgen insgesamt 223 Covid-19-Erkrankte in Niedersachsen in intensivmedizinischer Behandlung. Davon würden aktuell 163 beamtet, sagte Behrens. Sieben Kinder seien auf normalen, weitere fünf auf Intensivstationen - von den letzteren müssten zwei beatmet werden. Auch zu Beginn der Woche seien Patientinnen und Patienten aus anderen Bundesländern mit stärkerer Corona-Last im Land aufgenommen worden.

Die niedersächsischen Kliniken würden wie bereits im vergangenen Jahr unterstützt, sicherte Behrens diesen zu. Wenn sogenannte elektive Maßnahmen - also medizinisch nicht akut nötige Operationen oder Behandlungen - zunächst vertagt werden müssen, können Krankenhäusern zunächst eingeplante Einnahmen wegbrechen. "Wir kehren zurück zu einem atmenden System der Reservekapazitäten in den Krankenhäusern. (...) Wir müssen davon ausgehen, dass es zu weiteren Aufnahmen (von Covid-Kranken) kommen wird." Die Kliniken könnten anschließend entschädigt werden. "Das werden wir auch in diesem Jahr hinbekommen."

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