Hannover/Bremen. Ob Restaurants, Cafés oder Kultureinrichtungen: An immer mehr Orten gilt die 2G-Regel. Wer weder geimpft noch genesen ist, muss draußen bleiben. Doch einige Ungeimpfte versuchen sich mit einem gefälschten Impfpass Zutritt zu verschaffen. Die Zahl solcher Fälle steigt.

Fälle von gefälschten Impfpässen haben nach Angaben der Polizei in Niedersachsen und in Bremen in den vergangenen Wochen stark zugenommen. In den beiden Bundesländern laufen deswegen insgesamt mehrere hundert Ermittlungsverfahren. "Es ist zu vermuten, dass die Fallzahlen durch die verschärften 2G-Regeln erneut ansteigen könnten", teilte eine Sprecherin des Landeskriminalamtes (LKA) in Hannover der Deutschen Presse-Agentur mit. Seit einigen Tagen gelten in Niedersachsen und Bremen in vielen Bereichen des öffentlichen Lebens die 2G-Regel. Zugelassen sind nur noch Geimpfte und Genesene. Durch das Vorzeigen von gefälschten Impfpässen wollen Ungeimpfte die Maßnahmen umgehen, hieß es.

Die niedersächsischen Sicherheitsbehörden registrierten laut LKA in den vergangenen Monaten einen kontinuierlichen Anstieg von Fällen gefälschter Impfpässe - wobei die Fallzahl zuletzt "stark" gestiegen sei. Von Januar bis Oktober verzeichneten die Beamtinnen und Beamten Fälle im unteren dreistelligen Bereich - darunter fielen gefälschte Blankoimpfpässe und Totalfälschungen. Das LKA Niedersachsen verwies aber darauf, dass sich die Fallzahlen von Tag zu Tag änderten. Zudem würden Vergehen als sogenannte Anhaltefälle registriert. Ein Anhaltefall könne eine Vielzahl falscher Impfausweise beinhalten.

Die Polizei in Bremen meldete auf Anfrage, dass derzeit 56 Strafanzeigen zu gefälschten Impfausweisen vorliegen. Auch dort sei zuletzt ein deutlicher Anstieg beobachtet worden. "Die Strafanzeigen werden mehr, vor einem Monat um diese Zeit ermittelten wir in elf Fällen", teilte eine Bremer Polizeisprecherin mit. Auch dort dauern die Ermittlungen zu Fälschungen und Tätern an.

In erster Linie sind es laut den Behörden Apothekerinnen und Apotheker, die die gefälschten Pässe erkennen - etwa wenn Personen dort mit den Dokumenten einen digitalen Impfnachweis beantragen. Aber auch Sicherheitsdiensten, etwa auf dem Bremer Freimarkt, seien die gefälschten Dokumente aufgefallen. In der Regel fänden sich auf den unechten Impfausweisen gefälschte Aufkleber oder Stempel - insgesamt seien die Fälschungen jedoch schwer zu erkennen, teilte die LKA-Sprecherin mit. "Impfpässe verfügen anders als etwa Personalausweise über keine spezifischen Sicherheitsmerkmale". Die Polizei geht daher von einer hohen Dunkelziffer aus.

Die Sicherheitsbehörden mahnen, grundsätzlich keine Fotos von echten Impfpässen etwa in Sozialen Netzwerken zu veröffentlichen, auf denen Chargennummern der Impfstoffe zu erkennen sind. Diese würden von Fälschern als Vorlagen genutzt, um damit gefälschte Impfpässe im Netz zum Verkauf anzubieten. Bereits im Frühjahr waren gefälschte Impfpässe unter anderem im Messenger-Dienst Telegram für 99 bis 250 Euro angeboten worden. Wer solche Angebote entdeckt, sollte diese bei der Polizei und dem Netzwerkbetreiber melden. "Nicht nur die Täter begehen eine Straftat, sondern auch die Käufer. Wer einen solchen gefälschten Impfpass gebraucht, macht sich wegen Urkundenfälschung strafbar", sagte die Bremer Polizeisprecherin.

Wie viele Verfahren an niedersächsischen Gerichten zu gefälschten Impfpässen derzeit laufen, ist laut Justizministerium nicht bekannt. Zuletzt waren aber etwa Fälle in Wolfsburg und Osnabrück verhandelt worden. Bis vor wenigen Tagen gab es bei Staatsanwälten und Richtern noch unterschiedliche Einschätzungen dazu, ob die Vorlage eines gefälschten Corona-Impfnachweises strafbar ist oder nicht. Das Landgericht Osnabrück hatte im Oktober dazu eine "Strafbarkeitslücke" gesehen, während die drei Generalstaatsanwaltschaften im Land auch eine Strafbarkeit nach bisheriger Rechtslage annahmen.

Diese Unsicherheit sei jedoch mit dem Inkrafttreten des neuen Infektionsschutzgesetzes in den vergangenen Tagen beseitigt worden, teilte das Justizministerium mit. "Sofern überhaupt eine Strafbarkeitslücke bestanden hat, ist diese durch das neue Gesetz zweifelsfrei geschlossen worden." In der neuen Regelung werden demnach neben Impfausweisen auch Test- und Genesenenzertifikate unter strafrechtlichen Schutz gestellt.

Niedersachsens Justizministerin Barbara Havliza sieht einen Fortschritt in der Neuregelung, aber auch noch Mängel: "Ich begrüße, dass nach dem Beschluss des Bundesrates die Strafbarkeit für das unbefugte oder unrichtige Ausstellen von Impfausweisen und auch deren Gebrauch inzwischen neu geregelt ist. Es ist gut, dass wir die vom Landgericht Osnabrück aufgezeigte Schwachstelle so zügig ausgebessert haben", sagte die CDU-Politikerin. "Ich bleibe allerdings dabei, dass der beschlossene Ampel-Entwurf Schwächen hat, vor allem bei der Versuchsstrafbarkeit."

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