Hannover/Magdeburg. Verbraucher spüren es im Geldbeutel, Unternehmen in ihrer Kostenlage: Nicht nur Null- oder Negativzinsen, auch die hohen Preise fressen in vielen Bereichen den Zuwachs von Löhnen oder Erträgen auf. Was tun? Gewerkschafter jedenfalls setzen auf ein bekanntes Rezept.

Wegen der starken Teuerung will die IG Metall vor allem mit der Forderung nach deutlichen Lohnsteigerungen in die Tarifrunde 2022 gehen. Es solle diesmal ein klarer Schwerpunkt auf dem Entgelt der Beschäftigten liegen, hieß es am Dienstag aus der Gewerkschaft in Hannover - zumal nach "maßvollen Corona-Abschlüssen".

In Niedersachsen und in Sachsen-Anhalt stehen ab dem Herbst des kommenden Jahres wieder Gespräche für viele Unternehmen der Metall- und Elektroindustrie sowie beim größten europäischen Autohersteller Volkswagen an. Die mit den Arbeitgebern zuletzt erzielten Erhöhungen waren nach dem Geschmack der IG Metall eher nur moderat ausgefallen. Zudem hatten die Tarifpartner auch "qualitative" Themen wie bessere Teilzeit-Möglichkeiten oder Weiterbildung im Strukturwandel beackert.

Für den Regionalchef der Gewerkschaft, Thorsten Gröger, ist nun eine Kampagne unumgänglich, "die massiv das materielle Volumen in den Vordergrund rückt". Angesichts der zurückhaltenden letzten Runde und der inzwischen höchsten Verbraucherpreis-Inflation seit vielen Jahren seien "harte Zahlen" nötig, sagte er bei einer Tagung. "Die Teuerung darf nicht auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen werden. (...) Es braucht eine ordentliche Erhöhung und keine Reallohnverluste."

Die Politik müsse zusätzlich besonders Bezieher geringer Einkommen mehr entlasten, verlangte Gröger. In der Diskussion sind derzeit etwa eine Verschiebung der erhöhten CO2-Abgabe über den Jahreswechsel 2021/2022 hinaus oder Hilfen beim Strompreis und beim Wohngeld.

Gröger kritisierte Warnungen vor einer Lohn-Preis-Spirale, in der sich wechselseitig anheizende Arbeitskosten und Produktpreise bei zu geringem Produktivitätsfortschritt aus dem Ruder laufen könnten. Dies sei in der aktuellen Lage in etwa so, wie "Spiritus auf den Boden der bevorstehenden Tarifrunde zu kippen", sagte der Gewerkschafter auch mit Blick auf schon mitgetragene Rationalisierungsschritte: "Es sind die Beschäftigten gewesen, die in Kurzarbeit zurücksteckten, die teilweise ihre Jobs verloren und letztlich den Laden durch die Krise gebracht haben." Die Gefahr einer solchen Spirale hängt stets auch von der Situation einzelner Märkte und der allgemeinen Konjunkturlage ab.

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