Hannover. Wer vollständig gegen das Coronavirus geimpft ist, hat es im Alltag leichter. Doch nicht alle Menschen wollen sich die schützende Spritze geben lassen. Das ruft Betrüger auf den Plan.

In Niedersachsen ist seit Jahresbeginn bereits in mehr als hundert Fällen wegen gefälschter Impfpässe ermittelt worden. Die Fallzahlen seien kontinuierlich und zuletzt sprunghaft angestiegen, teilte das Landeskriminalamt (LKA) Niedersachsen auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mit. "Impfausweise sind relativ einfach zu fälschen, aus diesem Grund ist von einer hohen Dunkelziffer auszugehen", sagte eine LKA-Sprecherin. Pro Ermittlungsfall könne es um eine größere Zahl von Fälschungen gehen. Zumeist werden die kriminellen Machenschaften bemerkt, wenn Personen versuchen, mit den gefälschten Pässen in einer Apotheke einen digitalen Impfnachweis zu erhalten.

Ungeimpfte haben es seit kurzem im Alltag deutlich schwerer. So können Restaurants oder Theater den Zutritt nur für Geimpfte und Genesene (2G) erlauben. Seit dem 11. Oktober sind die Schnelltests in den Testzentren für die meisten Menschen darüber hinaus nicht mehr kostenlos. Ob der sprunghafte Anstieg der Impfpass-Fälschungen mit diesen Änderungen für Ungeimpfte zusammenhängt, konnte die LKA-Sprecherin nicht sagen.

Das Landeskriminalamt rief erneut dazu auf, keine Fotos von echten Impfpässen, auf denen Chargennummern zu erkennen sind, in sozialen Netzwerken zu veröffentlichen. Diese Bilder könnten Fälschern als Vorlage dienen. Bereits im Frühjahr waren gefälschte Impfpässe unter anderem im Messenger-Dienst Telegram für 99 bis 250 Euro angeboten worden. Telegram wird oft von sogenannten Querdenkern und Impfgegnern genutzt. Auch am Flughafen Hannover tauchten Fälschungen auf.

Das Amtsgericht Wolfsburg verurteilte in der vergangenen Woche einen 26-Jährigen wegen Urkundenfälschung, weil er seinen gefälschten Impfausweis in einer Apotheke digitalisieren lassen wollte. Nach Medienberichten fiel der Mann auf, weil der Impfpass nur die Corona-Impfung enthielt und die beiden angeblichen Impfärzte tot sind. Der Angeklagte erhielt eine Geldstrafe von 30 Tagessätzen a 20 Euro. Nach Medienberichten hatte er als Fahrer von Krankentransporten für das Klinikum Wolfsburg gearbeitet. Gegen den Bruder des Mannes läuft nach dpa-Informationen ebenfalls ein Verfahren wegen eines gefälschten Impfpasses.

Allein im Landkreis Stade sind in diesem Jahr bisher rund ein Dutzend Fälle von Betrugsversuchen mit offenbar gefälschten Impfpässen angezeigt worden. Die Zahl habe allerdings in den letzten beiden Wochen rasant zugenommen, berichtete die Polizei am Freitag. Die Betroffenen hätten sich die Pässe vermutlich im Internet besorgt, um in den Apotheken damit ein digitales Impfzertifikat für sich oder Familienangehörige zu erhalten. Dies sei dann aber dank der Aufmerksamkeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Apotheken verhindert worden. Ein Polizeisprecher rief die Apotheken weiterhin dazu auf, Betrugsversuche zu melden. Dies sei kein Verstoß gegen die medizinische Schweigepflicht.

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