Hannover. Über eine Änderung des Kommunalverfassungsgesetzes wurde im niedersächsischen Landtag lebhaft diskutiert. Oppositionsparteien sehen sich mit der Novelle deutlich benachteiligt.

Der niedersächsische Landtag hat die umstrittene Änderung des Kommunalverfassungsgesetzes beschlossen. Die Oppositionsfraktionen FDP und Grüne sowie die fraktionslosen Abgeordneten stimmten am Mittwoch dagegen, die Regierungsfraktionen SPD und CDU dafür.

Im Frühjahr hatte die Regierung eine Novelle erarbeitet, die unter anderem die Verteilung der Sitze in den Fachausschüssen neu regeln soll. Dieses Verfahren erscheine eher geeignet, stabile Mehrheitsverhältnisse in den Ausschüssen zu gewährleisten, als das bisherige Verfahren. Die Oppositionsparteien befürchten, dass sie an Mitspracherecht verlieren, und kritisierten das Gesetz daher.

Das bisherige Verfahren sei gerechter, sagte die Grünen-Landtagsabgeordnete Susanne Menge. "Ausgerechnet da, wo die eigentliche Arbeit stattfindet, werden die kleinen Fraktionen jetzt untergebuttert. Das untergräbt die Abbildung des Wählerwillens in den Ausschüssen", kritisierte der Grünen-Landtagsabgeordnete Volker Bajus. Den Verweis der Landesregierung auf das sogenannte Grundmandat ohne Stimmrecht lasse er nicht gelten. Es mache einen Unterschied, ob eine Stimme auch gezählt werde.

Mit der Umstellung des sogenannten Sitzverteilungsverfahrens werde künftig die Verwaltung entlastet, sagte hingegen Bernd-Carsten Hiebing, kommunalpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion. "Die Änderungen sind insgesamt erforderlich, um das Kommunalverfassungsrecht auf den neuesten Stand zu bringen."

FDP-Fraktionschef Stefan Birkner bezeichnete die Gesetzesänderung als "demokratiegefährdend". Seiner Partei gehe es um die Stärkung und Beibehaltung der ehrenamtlichen demokratischen Strukturen in den Kommunen. Die FDP werde eine Normenkontrollklage vorbereiten. "Es reicht eben nicht aus, dass ein Gesetzentwurf bereits in der Debatte ist, wenn die Wahl stattfindet. Es kommt darauf an, welche Rechtslage im Moment der Wahl gilt", sagte er mit Blick auf die Kommunalwahlen im September 2022.

Mit der Gesetzesänderung verlieren laut FDP-Fraktion vor allem die kleineren Parteien, teilweise sogar trotz deutlicher Zugewinne bei den zurückliegenden Kommunalwahlen, nun ihre Stimmrechte in den Ausschüssen. "Die Wahrheit sieht doch so aus: SPD und CDU finden es sinnvoll, dass kleinere Parteien weniger und größere Parteien mehr Entscheidungsbefugnisse bekommen", sagte der FDP-Landtagsabgeordnete Marco Genthe.

Mehrere kommunalen Vertreter kritisieren das Gesetz ebenfalls. "In der Außendarstellung der Gremien wird dieses dazu führen, dass es vermehrt zu Beschlüssen ohne Gegenstimme kommen wird", hieß es etwa von der AfD-Fraktion des Kreistages Gifhorn. Innenminister Boris Pistorius (SPD) entgegnete, dass das künftige Verfahren seit Jahrzehnten verfassungsrechtlich anerkannt sei. Die Kritik an dem Gesetz wies er zurück.

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