Hannover. Soll der Wolf ins Jagdrecht? Oder wäre das nur eine Spiegelfechterei, weil er auch dann nicht bejagt werden dürfte?

Die Regierungskoalition im niedersächsischen Landtag hält an dem Vorhaben fest, den Wolf ins Jagdrecht aufzunehmen. "Der Abschuss des Wolfes ist dort, wo keine anderen Abwehrmaßnahmen zielführend sind, die einzig richtige Antwort auf die zunehmende Bedrohung", sagte CDU-Fraktionschef Dirk Toepffer der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung". Die Grünen im Landtag lehnten den Vorstoß ab, sagte deren Fraktionsvize Christian Meyer. "Das ist reine Symbolpolitik der Groko aus SPD und CDU." Der Wolf bleibe auch nach einer förmlichen Aufnahme ins Jagdrecht ganzjährig geschützt und dürfe nicht bejagt werden.

Toepffer betonte: "Wenn sein Fortbestand nicht länger gefährdet ist, gehört der Wolf wie jedes andere Wildtier auch ins Jagdrecht aufgenommen." In dem Gesetzentwurf heißt es dem Bericht zufolge: "Liegt eine artenschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung vor, kann die Jagdbehörde durch Verfügung für einen oder mehrere Jagdbezirke eine Jagdzeit für die Erlegung eines oder mehrerer Wölfe festlegen."

Dies sei ein "wichtiges Signal" für Weidetierhalter und Jäger in Niedersachsen, sagte der CDU-Landtagsabgeordnete Frank Schmädeke. Die Aufnahme des Wolfs ins Jagdrecht ändere aber nichts an seinem Schutzstatus, unterstrich auch die SPD-Abgeordnete Karin Logemann.

An der rechtlichen Zulässigkeit der sogenannten Entnahme von Problemwölfen werde sich nichts ändern, sagte dazu der Grüne Meyer. "Wölfe bekämen denselben Status wie Seehunde, die ebenfalls im Jagdrecht aufgenommen sind, aber als streng geschützte Art eine vollständige Schonzeit haben."

Der Jägerschaft erweise die rot-schwarze Koalition damit möglicherweise sogar einen Bärendienst, erklärte Meyer weiter. Die Jäger würden unter anderem womöglich für Rissschäden durch Wölfe an Nutztieren von Landwirten verantwortlich gemacht. Gleichzeitig bleibe aber für die Entnahme von Problemwölfen in strengen Ausnahmefällen weiterhin das Umweltministerium zuständig. Zur Konfliktlösung trage die Aufnahme ins Jagdrecht nichts bei, es sei eine reine "Placebo-Politik".

Auch der Naturschutzbund Niedersachsen (Nabu) verwies auf den Schutzstatus des Wolfes. Mit der Aufnahme ins Jagdrecht werde das falsche Versprechen suggeriert, dass damit das Raubtier schneller zu jagen sei, sagte der Landesvorsitzende Holger Buschmann. Der Abschuss von Wölfen würde seiner Ansicht auch nicht dem Schutz vor Wolfsrissen schützen, dies könnte sogar zu mehr Nutztierrissen führen.

In Niedersachsen leben nach Schätzungen von Experten 350 bis 400 Wölfe. Früheren Angaben von Umweltminister Olaf Lies (SPD) zufolge gibt es im Land 39 Wolfsrudel, ein Wolfspaar und zwei Einzelwölfe. Die Zahl der Übergriffe auf Weidetiere in Niedersachsen sei von 8 im Jahr 2012 auf etwa 230 Übergriffe in diesem Jahr gestiegen.

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