Lüneburg. Angesichts gestiegener Infektionszahlen hat die Landesregierung die niedersächsische Corona-Verordnung angepasst. Doch die neue Regelung für Bäder und Saunen kassierte das Oberverwaltungsgericht. Nächste Woche entscheiden die Richter über Disco-Schließungen.

Das niedersächsische Oberverwaltungsgericht (OVG) in Lüneburg hat die coronabedingte Schließung von Saunen bei einer Inzidenz über 35 gekippt. Es handele sich um keine notwendige Infektionsschutzmaßnahme, begründete der 13. Senat in einem Eilbeschluss am Freitag. Damit bleiben auch Schwimmbäder und Thermen bei einer anhaltenden Sieben-Tage-Inzidenz zwischen 35 und 50 geöffnet. Die entsprechende Regelung in der kürzlich geänderten niedersächsischen Corona-Verordnung wurde außer Vollzug gesetzt und ist nicht mehr zu beachten. Der Beschluss ist unanfechtbar.

Ein Antragsteller, der in der Region Hannover eine Saunalandschaft betreibt, hatte sich gegen die geänderte Corona-Verordnung gewandt. Die Lüneburger Richter folgten seiner Argumentation und sehen die grundsätzliche Schließung von Saunen bei einer Inzidenz zwischen 35 und 50 nicht als notwendige Schutzmaßnahme an. Es sei nicht ersichtlich, dass vom Sauna-Betrieb eine besondere Infektionsgefahr ausgehe und Saunen einen unverhältnismäßig großen Publikumsverkehr hätten, hieß es. Dem lediglich leicht erhöhten Risiko könne mit einer Testpflicht oder Kapazitätsbegrenzungen entgegengetreten werden.

Darüber hinaus herrsche keine größere Infektionsgefahr als bei vergleichbaren Begegnungen von Menschen auf engem Raum, die bei einer Inzidenz über 35 nicht verboten seien. Somit liege eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung zum Beispiel gegenüber Fitnessstudios und ähnlichen Einrichtungen vor, die bei diesen Infektionswerten geöffnet bleiben dürfen.

Mit einem weiteren Antrag gegen eine Schließung von Saunen bei einer Inzidenz über 50 war der Geschäftsmann erfolglos, weil eine solch hohe Inzidenz in der Region Hannover im Moment nicht absehbar sei. Am Freitag lag der Wert in der Region bei 29,8. Die Richter wollen über einen solchen Antrag erst entscheiden, wenn eine Überschreitung dieser Schwelle droht.

In der Vergangenheit hatte das OVG bereits eine Reihe von Corona-Maßnahmen gekippt - zuletzt zum Beispiel das Verbot von Prostitution. Die Richter ordneten sie - anders als zunächst die Landesregierung - wie andere körpernahe Dienstleistungen ein. Für Bordelle gelten nun die gleichen Regeln wie etwa für Massagestudios.

Auch Diskotheken, Clubs und Shisha-Lokale müssen in Niedersachsen gemäß der geänderten Verordnung bereits bei einer regionalen Sieben-Tage-Inzidenz über 10 schließen. Dagegen wendet sich Disco-Betreiber Holger Bösch aus Schüttorf (Grafschaft Bentheim) in einem Eilantrag. Über diesen Antrag werde in der nächsten Woche entschieden, sagte OVG-Sprecherin Gunhild Becker.

Bösch hat bereits einen wütenden Brief an Niedersachsens Gesundheitsministerin Daniela Behrens (SPD) geschrieben. Seine Branche werde als Pandemietreiber denunziert und an den Pranger gestellt, heißt es darin. Die erneut angeordnete Schließung komme einem Todesstoß gleich. Der Club-Chef verweist auf das Hygienekonzept seiner Disco Index. Bei mehr als 30 000 Besuchern in acht Wochen habe es nur einen Fall gegeben, bei dem eine Infektion im Club nicht ausgeschlossen werden könne.

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