Hannover/Bremen. Anfangs ein knappes Gut, ist mittlerweile viel Corona-Impfstoff vorhanden. Baten die Länder früher den Bund nachdrücklich um zügige Lieferung, so schicken sie jetzt überschüssige Dosen an ihn zurück. Niedersachsen macht da keine Ausnahme.

Vor dem Hintergrund einer nachlassenden Impfnachfrage wird das Land Niedersachsen 120.400 ungenutzte Impfdosen des Herstellers Astrazenca an den Bund zurückgeben. Wie das Gesundheitsministerium am Freitag mitteilte, reiche der Bestand in den Impfzentren für die noch zu erwartenden Impfungen mit diesem Vakzin aus. Das in den Verteilerzentren gelagerte Präparat werde "in Kürze an den Bund zur weiteren Verwendung" zurückgegeben. Eine Rückgabe der mRNA-Impfstoffe und des Impfstoffs von Johnson & Johnson sei derzeit hingegen nicht geplant.

In einem der dpa vorliegenden Schreiben hatte der Bund den Ländern die Möglichkeit eröffnet, "Impfstoffdosen, die in der nationalen Impfkampagne nicht mehr zum Einsatz kommen und deren Lagerhaltung eine Weitergabe an Drittstaaten im Rahmen von Spenden zulassen", an das zentrale Lager des Bundes zurückzugeben. Hamburg und Berlin werden beispielsweise vor diesem Hintergrund jeweils rund 60.000 ungenutzte Dosen Astrazeneca zurückgeben, in Baden-Württemberg sind es nach Angaben des Landes rund 450.000.

Die Möglichkeit zur Rückgabe gelte zunächst nur für die Mittel von Astrazeneca und Johnson & Johnson und auch nur für solche Impfstoffe, die die zentralen Lager der Länder nicht verlassen haben - also nicht zwischenzeitlich an Impfzentren oder Arztpraxen geliefert wurden, heißt es in dem Schreiben. "Nur so kann die pharmazeutische Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit der Covid-19-Impfstoffe unter Einhaltung der erforderlichen Lagerungs- und Transportbedingungen sichergestellt werden."

Nach Ansicht der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen (KVN) sollten auch die Arztpraxen ungenutzten Impfstoff an den Bund zurückgeben können. "In vielen Praxen lagert noch Impfstoff von Astrazeneca, der hochwirksam und noch gebrauchsfähig ist, aber aufgrund der Debatte um mögliche Nebenwirkungen von vielen Impfwilligen zurückgewiesen wird", sagte der KVN-Vorstandsvorsitzende Jörg Berling am Freitag. "Der Bund muss einen Weg finden, diesen Impfstoff rasch aus den Praxen in die Verteilzentren zurückzuführen, um ihn dann anderweitig zu verbrauchen."

Bedenken, dass die pharmazeutische Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit der Impfstoffe bei einer Rückgabe aus den Praxen nicht sichergestellt werden könne, wies Berling zurück. "Die Kühlkette ist von der Produktion bis zur Verimpfung in den Praxen lückenlos sichergestellt. Es wäre sicher möglich, den Weitertransport des Impfstoffes unter Einhaltung derselben hohen Standards zu organisieren, die für den Transport in die Praxen gelten."

Das Bundesland Bremen machte bislang keine Angaben zu einer möglichen Rückgabe. In den Impfzentren in Bremen und Bremerhaven lagere ein Vorrat von 24.000 Dosen Astrazeneca, der erst im Oktober verfalle, teilte das Gesundheitsressort am Donnerstag mit. Weitere Lieferungen von Astrazeneca seien wie in Niedersachsen gestoppt worden. Alle gelieferten Impfdosen von Biontech/Pfizer, Moderna und Johnson & Johnson seien verplant.

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