Weener. Der Neubau der 2015 zerstörten Friesenbrücke über die Ems wird langsam konkret. Bereits im Juli soll mit ersten Vorarbeiten begonnen werden. Nun gaben die Planer zudem erste Einblicke, wie die künftig größte Eisenbahn-Drehbrücke Europas funktionieren soll.

Die ersten Vorarbeiten für den Neubau der Friesenbrücke über die Ems bei Weener (Kreis Leer) sollen nach Angaben der Bahn noch im Juli starten. Das teilten Vertreter der Bahn am Donnerstag bei einer digitalen Informationsveranstaltung mit. "Das ist sicherlich optimistisch, aber das ist das, was wir anpeilen", sagte der Projektleiter der DB Netz AG, Stefan Schwede. Die privatrechtlichen Bauerlaubnisverträge dafür seien bereits geschlossen, nun gehe es darum, voran zu kommen. Laut Bahn liegt das Vorhaben im Zeitplan, noch läuft aber das Planfeststellungsverfahren.

Der Neubau ist notwendig, da ein Frachter vor mehr als fünf Jahren die Brücke gerammt und weitgehend zerstört hatte. Die Verbindung für Fußgänger, Radfahrer und den Bahnverkehr ist seitdem unterbrochen. Die Region wartet auf einen Neubau. Der Zeitplan sieht vor, dass der Rückbau der alten Strompfeiler im Flussbett ab Oktober erfolgen soll, der Baustart ist dann für den April 2022 geplant.

Bahn-Planer zeigten bei der Veranstaltung eine Simulation, wie die künftig größte Eisenbahn-Drehbrücke Europas funktionieren soll, über die auch ein Fuß- und Radweg führen wird. Herzstück des Bauwerks bilde der Drehpfeiler, der das 1800 Tonnen schwere Brückteil anhebe und binnen sieben Minuten drehen werde, erklärte Schwede. Durch die Öffnung sollen Frachter oder Kreuzfahrtschiffe der Meyer-Werft die Brücke passieren können. Denkbar sei, so Schwede, dass die Brücke in Zukunft auch ferngesteuert werden könnte.

Der ehemalige Konzernbevollmächtigte der Bahn für Niedersachsen und Bremen, Ulrich Bischoping, warb um Verständnis für die lange Planungszeit. Die Brücke sei ein einmaliges Bauwerk. "Hier musste alles neu entwickelt und berechnet werden", sagte Bischoping.

Der Parlamentarische Staatssekretär im Verkehrsministerium, Enak Ferlemann, nannte das Bauwerk in einem Grußwort eine "ingenieurtechnische Meisterleistung". Die Drehbrücke erfülle sowohl die Erwartungen der Schifffahrt auf der Ems als auch die des Schienenverkehrs. Die Absprache mit den Niederlanden den grenzüberschreitenden Bahnverkehr zum Fahrplanwechsel 2024/2025 wieder aufzunehmen, könne eingehalten werden.

Erst Anfang Juni war allerdings bekannt geworden, dass sich die Kosten für die neue Eisenbahnbrücke fast verdoppeln sollen - von 66 Millionen auf bis zu 125 Millionen Euro. "Es ist ein Wermutstropfen, dass dieses Bauwerk so teuer wird", sagte Ferlemann. Laut Bahn ist die Steigerung neben gestiegener Material- und Personalkosten auch auf neue Stellwerkstechnik und Vorplanungen für eine mögliche Elektrifizierung der Strecke zurückzuführen.

Der Bundestagsabgeordnete der Linken, Victor Perli, hält angesichts der Kostensteigerung eine rechtzeitige Fertigstellung bis 2024 für unwahrscheinlich. "Die Bahn hat mit einer so großen Drehbrücke keine Erfahrung. Minister Scheuer hätte bei diesem Projekt schon lange die Reißleine ziehen müssen", teilte Perli am Donnerstag mit. Mit einer verbesserten Ersatzklappbrücke wäre aus Perlis Sicht Zeit und Steuergeld gespart worden. Perli will das Vorhaben in der kommenden Woche zum Thema im Haushaltsausschuss des Bundestags machen.

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