Berlin/Hannover. Angeblich haben AfD-Vertreter in Niedersachsen sich um ein Wiederbeleben des rechten “Flügels“ bemüht. Der Parteivorstand droht drei Landespolitikern mit einem Parteiausschluss. Ein Betroffener hat für die Dinge eine andere Erklärung.

Drei führenden AfD-Vertretern in Niedersachsen droht nach Berichten über ein Wiederbeleben des vom Verfassungsschutz als rechtsextremistisch eingestuften "Flügels" der Parteiausschluss. Der Parteivorstand der AfD hat sich bei einer Telefonkonferenz nach Angaben aus Teilnehmerkreisen dafür ausgesprochen, den Parteiausschluss der drei zu beantragen. Ihnen wird vorgeworfen, sie hätten versucht, neue Strukturen des formal aufgelösten "Flügel"-Netzwerks in der Partei aufzubauen. Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur am Montag im Anschluss an die Besprechung aus Teilnehmerkreisen.

Allerdings gab es bei einigen Teilnehmern Zweifel, ob die Mehrheit bei der Abstimmung über die drei Parteiausschlussverfahren jeweils ausreichend war. Dies werde aktuell noch geprüft, hieß es. Die Betroffenen können sich, falls die Mehrheit anerkannt werden sollte, in jedem Fall vor einem Schiedsgericht der Partei gegen einen Rauswurf zur Wehr setzen. Der Konflikt fällt in einen Machtkampf zwischen dem moderaten und rechten Lager der AfD in Niedersachsen.

Der stellvertretende AfD-Landesvorsitzende Stefan Bothe, um den es neben zwei anderen Landespolitikern geht, will das gegen ihn im Raum stehende Ausschlussverfahren nicht hinnehmen. Bei dem Treffen im Februar, von dem ein Tonmitschnitt und ein Protokoll nach außen gedrungen sind, sei es nicht um ein Wiederbeleben des "Flügels" gegangen. Vielmehr habe es sich um ein privates Unterstützertreffen gehandelt, erklärte Bothe, der auch Abgeordneter des niedersächsischen Landtags ist, am Montag. Dass entgegen dem Wissen der Teilnehmer ein Mitschnitt gemacht worden sei, habe er zur Anzeige gebracht.

Der wahre Hintergrund des Treffens sei der enorme Druck gewesen, der nach der Aufstellungsversammlung für die Bundestagswahl im Dezember auf dem Landesvorstand lastete, sagte Bothe. Nachdem zunächst im Spätsommer rechte Kräfte an die Spitze des AfD-Landesverbandes gewählt wurden, konnten sich für die Liste für die Bundestagswahl moderate Kräfte durchsetzen. Unter Verweis auf mögliche Formfehler versucht der Landesvorstand seitdem, eine Wiederholung der Listenaufstellung durchzusetzen. Nun werde zeitnah eine neue Aufstellungsversammlung organisiert, teilte der Landesvorstand am Montag mit.

Neben Bothe richtet sich ein mögliches Ausschlussverfahren dem Vernehmen nach gegen den weiteren stellvertretenden Landesvorsitzenden Uwe Wappler und den bisherigen Beisitzer im Vorstand, Thorsten Althaus. Von seinem Amt war Althaus am Freitag nach Bekanntwerden der Vorwürfe zurückgetreten, teilte der AfD-Landesvorstand mit. Wappler und Althaus reagierten auf eine Anfrage zu einem möglichen Parteiausschluss zunächst nicht.

Der AfD-Vorsitzende Jörg Meuthen hatte am vergangenen Freitag vor einer Sitzung der Parteispitze in Berlin gesagt: "Soweit da der Versuch besteht, Parallelstrukturen aufzubauen, ist das definitiv nicht hinnehmbar und parteischädigend."

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