Hannover. Die pro-palästinensischen Demonstrationen in Niedersachsen am Wochenende verliefen nach Polizeiangaben weitgehend friedlich. In Hannover verhinderten die Beamten mit einem Großaufgebot ein Zusammentreffen mit einer pro-israelischen Kundgebung.

Der eskalierende Nahost-Konflikt hat in mehreren Städten Niedersachsens Hunderte Menschen auf die Straße gebracht. Mehrheitlich solidarisierten sich die Demonstranten mit den Palästinensern. In Hannover trugen einige Teilnehmer am Samstag Plakate mit der Aufschrift "Free Palestine" oder schwenkten Palästina-Flaggen. Die Proteste seien weitgehend friedlich verlaufen, sagte ein Polizeisprecher am Sonntag.

In Absprache mit der Versammlungsleitung war entschieden worden, dass eine Pro-Palästina-Demonstration am Steintor blieb, statt zum Hauptbahnhof zurückzukehren. Etwa 100 der 470 Teilnehmer zogen dennoch Richtung Opernplatz, wo sich etwa 300 Menschen unter dem Motto "Gegen jeden Antisemitismus - Solidarität mit Israel" versammelt hatten. Mit einem Großaufgebot der Polizei sei ein Aufeinandertreffen beider Gruppen verhindert worden, sagte der Sprecher. Es seien rund zwei Dutzend Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet worden, weil Demonstranten keine Masken trugen.

Das Bündnis gegen Antisemitismus und Antizionismus Oldenburg kritisierte, dass die Polizei bei der dortigen "Pro-Palästina"-Demonstration nicht bei antisemitischen Parolen eingeschritten sei.

Bis zu 800 Menschen gingen in Osnabrück bei einer "Pro-Palästina"-Demonstration auf die Straße. Unter dem Titel "Vertreibung der Palästinenser aus Ost-Jerusalem Scheich Jarrah" zogen sie vom Hauptbahnhof durch die Stadt, wie die Polizei am Samstag mitteilte. Die Aktion verlief demnach ruhig und störungsfrei. 75 Teilnehmende wurden bei einer Kundgebung zum Thema "Solidarität mit Israel und allen Juden weltweit" gezählt.

Auch in Hildesheim und Goslar gab es Versammlungen als Solidaritätsbekundungen mit Palästina. In Bremen zählte die Polizei am Sonntag etwa 250 bis 300 Teilnehmer bei einer Kundgebung der Jüdischen Gemeinde Bremen und der Deutsch-Israelischen Gesellschaft mit dem Titel "Solidarität mit Israel". Den Beamten zufolge kam es zu keinen Störungen.

In Berlin und Baden-Württemberg war es bei Demonstrationen zum Nahost-Konflikt zu gewalttätigen Ausschreitungen gekommen. Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil betonte am Samstag die Solidarität zwischen Muslimen und Juden im Land. "Ich freue mich darüber, dass sich in den letzten Jahren in Niedersachsen muslimische und jüdische Gemeinden immer wieder gegenseitig unterstützt haben, wenn die Gläubigen der einen oder der anderen Seite Opfer von Hass und Gewalt wurden", sagte der SPD-Politiker bei einem digitalen Empfang anlässlich des Ende des Ramadan.

Alle Beteiligten des Empfangs wünschten sich ein "möglichst baldiges, friedliches Ende der bewaffneten Auseinandersetzungen in Israel und Palästina", sagte Weil. "Gemeinsam ist es unser Anliegen, jede Form von Antisemitismus in Niedersachsen im Keim zu ersticken."

Auch der türkische Moscheeverband Ditib warnte vor Antisemitismus und religiös motiviertem Hass. "Mit großer Besorgnis beobachten wir, dass Menschen jüdischen Glaubens und Synagogen Ziele von Angriffen werden", sagte die Geschäftsführerin des Ditib-Landesverbandes Niedersachsen und Bremen, Emine Oguz, am Samstag. In Niedersachsen leben rund 250 000 bis 300 000 Menschen muslimischen Glaubens.

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