Bremen/Hannover. Die neue Gewalt im Nahen Osten hat auch Auswirkungen hierzulande: Bei einer Demonstration in Hannover verhindert die Polizei das Verbrennen israelischer Flaggen, in Bremen gibt es am Donnerstag neue Proteste. Anfang der Woche wurde eine niedersächsische Synagoge bedroht.

Mehrere Hundert Menschen haben in Bremen und Niedersachsen nach dem erneuten Aufflammen des Nahost-Konflikts gegen Israel demonstriert. Mit Palästina-Flaggen versammelten sich am Donnerstag laut Polizeiangaben rund 1500 Teilnehmer einer Kundgebung in der Hansestadt. Sie riefen "Freiheit für Palästina" und forderten die israelische Regierung auf, die Einsätze des Militärs zu beenden.

Seit Montagabend beschießen militante Palästinenser aus dem Gazastreifen heraus Israel mit Raketen. Dessen Armee reagiert darauf mit Angriffen auf Ziele im Gazastreifen, vor allem durch die Luftwaffe. Weltweit wächst die Sorge vor einer weiteren Eskalation.

Die Demonstranten in Bremen riefen immer wieder auch "Allahu akbar" (Gott ist groß). Zu sehen waren außerdem zahlreiche Türkei-Flaggen. Angemeldet waren 300 Teilnehmer, die Polizei sprach am Donnerstagnachmittag aber von mindestens der fünffachen Zahl.

Die Einsatzkräfte weiteten die abgesperrte Kundgebungsfläche vor dem Bremer Dom und nahe dem Rathaus aus. Viele Demonstranten hielten sich nicht an die Corona-Abstandsregeln, auch die Maskenpflicht wurde von einigen ignoriert. Die mit einem Großaufgebot vertretene Polizei forderte sie über Lautsprecher auf, die Regeln einzuhalten.

Die palästinensische Gemeinde hatte nach Behördenangaben die Kundgebung unter dem Motto "Zustand in Palästina & Verletzung der Menschenrechte" angekündigt. Das Ordnungsamt genehmigte die Veranstaltung unter Auflagen, verbot aber gleichzeitig jede Verherrlichung von Gewalt. Das galt auch für Äußerungen in Wort, Bild oder Schrift, die das Existenzrecht eines Staates in Frage stellen.

Bei Protesten in Hannover waren Beamte bereits am Mittwochabend wegen Verstößen gegen Versammlungsauflagen eingeschritten. "Es kam zu konkreten Feindseligkeiten", berichtete die Polizei am Donnerstag. Hier sollen über 500 Menschen teilgenommen haben. "Beispielsweise gab es den Versuch, Israel-Flaggen zu verbrennen." Zwei mutmaßliche Täter hätten davon noch abgehalten werden können. Gegen einen Verdächtigen und eine weitere Person seien Strafverfahren wegen der Verletzung von Hoheitszeichen ausländischer Staaten eingeleitet worden.

Die Demonstranten zogen laut Polizei durch Hannovers Innenstadt. Eine Privatperson hatte die Eilversammlung zuvor angemeldet, war dann jedoch nicht als Ansprechpartner verfügbar, wie es hieß. Da auch keine Ordner eingesetzt worden und Teilnehmer den Aufforderungen zum Einhalten der Corona-Regeln nicht gefolgt seien, habe man die Versammlung nach etwas mehr als einer Stunde aufgelöst. Im Anschluss sei es zu Beleidigungen und Angriffen gegen Polizeibeamte gekommen.

Der Antisemitismus-Beauftragte der FDP-Bundestagsfraktion, Benjamin Strasser, verurteilte die Demonstrationen: "Wer in Deutschland versucht, Israel-Flaggen zu verbrennen und antisemitisches Gedankengut zu verbreiten, muss mit der ganzen Härte des Rechtsstaats belangt werden." Am Montag hatte es eine Drohung gegen die Liberale Jüdische Gemeinde in Hannover gegeben, wie die "Hannoversche Allgemeine Zeitung" (Donnerstag) berichtete. Ermittlungen seien eingeleitet und der Staatsschutz eingeschaltet worden, erklärte die Polizei. Ob ein direkter Zusammenhang zur Lage im Gazastreifen bestehe, sei hier aber noch unklar, hieß es.

Jüdische Einrichtungen sind derzeit ein Schwerpunkt der polizeilichen Schutzmaßnahmen. Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) hatte ihnen am Mittwoch angesichts der Lage in Israel und den Palästinensergebieten größtmögliche Sicherheit versprochen: Polizei und Behörden seien zu höchster Wachsamkeit aufgerufen.

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