Lüneburg. Ein aufsehenerregender Überfall auf einen Celler Juwelier kostet zwei Räubern das Leben. Der Geschäftsinhaber schießt in Notwehr. Der Dritte im Bunde steht nun vor Gericht. Er soll der Fluchthelfer gewesen sein.

Unter großem Medienaufgebot wird der dunkel gekleidete 38-Jährige in Handschellen in den Gerichtssaal geführt, der Deutsch-Russe versteckt sich hinter einem roten Aktendeckel vor Fotografen und Kamerateams. Der Angeklagte ist der einzig Überlebende eines Trios, das am 14. September in Celle einen Juwelier überfiel. Seine Komplizen wurden dabei in Notwehr von dem 73-Jährigen erschossen. Zum Prozessauftakt vor dem Lüneburger Landgericht schweigt der Mann am Dienstag - er soll der Fluchthelfer gewesen sein. "Derzeit nicht", sagt der Verteidiger bezüglich einer Aussage.

Die 11. Große Strafkammer verhandelt wegen gemeinschaftlich begangenen versuchten schweren Raubes. Die Staatsanwaltschaft legt dem Angeklagten zur Last, sich mit seinem Bruder und einem weiteren Beteiligten verabredet zu haben. Er soll mit dem Bruder von Waltrop im Ruhrgebiet in Richtung Südheide gefahren sein, unterwegs den Dritten aufgenommen und beide in Celle abgesetzt haben. Der Bruder habe den Dritten in einem Rollstuhl geschoben. Beim Juwelier sollte "kein Argwohn aufkommen", formulierte es der Staatsanwalt.

Der Prozess nimmt das Ehepaar, das als Nebenkläger auftritt, sehr mit, berichtet Rechtsanwalt Felix Matzeit. "Besonders für meine Mandantin war es sehr emotional und schwierig, sie hat alles noch einmal erlebt", sagt der Celler Anwalt. Die 71 Jahre alte Ehefrau habe sogar noch einmal Angst bekommen, als dem Angeklagten die Handschellen abgenommen werden. "Sie hatte das Gefühl, er könne jeden Moment aufstehen".

Beim Überfall selbst war der Mann, der seit November nach seiner Flucht in Untersuchungshaft sitzt, nicht dabei. Er soll das Fluchtfahrzeug geparkt und Kontakt gehalten haben. Die beiden anderen sollen mit Handschellen, einer Schusswaffe, einem Handbeil und einem Messer das Geschäft betreten haben. Dort sei der Mann aus dem Rollstuhl über den Tresen gesprungen und habe sich auf die Ehefrau gestürzt, um diese zu würgen und zu fesseln. Der Juwelier habe nach den Rufen seiner Frau den Verkaufsraum betreten und sei von dem Bruder mit der Schusswaffe bedroht worden. Daraufhin habe der Senior mit einer Waffe auf beide Täter geschossen. Der Bruder starb am Tatort, der weitere Beteiligte erlag später seinen Verletzungen.

Das Verfahren gegen den Ladeninhaber wegen Totschlags war eingestellt worden. Die Staatsanwaltschaft Lüneburg ging davon aus, dass der Senior in Notwehr gehandelt hatte.

Der Prozessauftakt war nach wenigen Minuten nach Verlesung der Anklageschrift zu Ende, das derzeit überlastete Gericht hatte den Termin nur angesetzt, um Fristen einzuhalten. Insgesamt sind acht weitere Verhandlungstermine angesetzt. Am 19. Mai geht der Prozess weiter, ein Urteil ist für Mitte Juli geplant.

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