Hannover.

Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) hat eine wachsende Verrohung in der politischen Debattenkultur beklagt. Mit Blick auf persönliche Anfeindungen etwa sagte er der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Montag): "Ja, das hat zugenommen. Nicht nur in der Anzahl, sondern auch in der Qualität." Teilweise seien Mails nicht anonymisiert. "Die halten sich dann zwar etwas mehr zurück als die anonymen Schreiber, aber auch da ist vom Vaterlandsverräter die Rede und davon, dass man aufgehängt gehöre." Erst kürzlich habe er zwei Mails bekommen, in denen seine Familie und er massiv bedroht worden seien, nachdem er sich zu dem schweren Brand im Flüchtlingslager Moria auf Lesbos geäußert hatte. "Das war sprachlich unterste Ebene, zutiefst beleidigend und eben auch bedrohend nach dem Motto "pass auf Deine Familie auf"."

Pistorius sagte: "Wo es früher noch Hemmschwellen gab und die Menschen zumindest in persönlichen Begegnungen den Anstand gewahrt haben, klicken heutzutage die Tastaturen nachts um eins oder morgens um fünf. Dann wird rausgehauen, was einem gerade in den Kopf kommt", sagte der SPD-Politiker. "Derartige Grenzüberschreitungen dulden wir nicht, sondern verfolgen sie konsequent, weil sie Gift für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Demokratie sind."

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