Hannover. Zu Ostern sind Urlaube an der Küste oder im Harz kaum gefragt. Zu unsicher ist vielen, wie lange touristische Reisen noch untersagt bleiben. Damit spätestens der Sommer besser wird, hofft die Branche auf Lockerungen - und hat Forderungen für die Bund-Länder-Gespräche.

Vom Hotel bis zum Strandimbiss: Für Tausende Betriebe in Niedersachsen geht es nach einem Jahr Corona jetzt um die wirtschaftliche Existenz. Und Urlaubsgäste fragen sich derzeit, wo sie in diesem Jahr überhaupt noch guten Gewissens buchen und Ferien machen können.

Noch hält die unklare Pandemie-Entwicklung Reisewillige davon ab, Osterurlaube zu buchen. "Für das Frühjahr sind die Buchungen noch sehr zurückhaltend", teilte etwa der Geschäftsführer der Marketinggesellschaft Ostfriesische Inseln, Göran Sell, auf Borkum mit.

Ähnliche Einschätzungen sind auch von anderen Inseln, der übrigen Küste und aus dem Harz zu hören. Zwar bereiten sich Kurverwaltungen etwa auf Juist, Norderney und Wangerooge für eine Öffnung zu Ostern vor - ob sie aber kommt, ist noch unklar.

Feste Hoffnungen machen sich die Branche und die Reisenden dagegen auf die Sommermonate. Nach möglichen Lockerungen erwarten einzelne Urlaubsregionen dann sogar eine Nachfrage-Welle.

Wangerooge etwa meldet für die Sommerferien bereits eine "sehr hohe Nachfrage". Von Mitte Juli bis Mitte August sei kaum noch etwas zu bekommen, heißt es beim Verkehrsverein der Insel. Im Harz gebe es mehr feste Buchungen etwa ab Mai, heißt es vom Harzer Tourismusverband.

Vor allem die Nordseeküste, die Heide und der Harz sind die klassischen Urlaubsregionen Niedersachsens. Gemessen an den Übernachtungen stand Niedersachsen im Vor-Corona-Jahr mit 46,2 Millionen im bundesweiten Vergleich an vierter Stelle, wie aus Daten des Statistischen Bundesamtes hervorgeht. 2020 brach die Zahl um minus 35,0 Prozent ein auf zuletzt 30,0 Millionen Übernachtungen.

Laut Tourismusverband Niedersachsen ist der Tourismus der größte Arbeitgeber Niedersachsen. "Fast 300 000 sozialversicherungspflichtige Arbeitsstellen stellt der Tourismus als Querschnitts-Branche", sagt TVN-Vorsitzender Sven Ambrosy. "Wenn wir den Tourismus hegen und pflegen, haben wir vor Ort gute Arbeitsplätze und Wirtschaftskraft gerade auch im ländlichen Raum."

Mit der wärmeren Jahreszeit werden nun Fragen nach dem weiteren Vorgehen lauter. Restaurantbesitzer, Hoteliers und Herbergsbetreiber drängen auf Öffnungsperspektiven und wünschen sich mehr Planungssicherheiten. "Natürlich müssen wir auch irgendwann über eine Öffnung nachdenken. Mit geschlossenen Häusern verdienen wir kein Geld", sagt etwa der Norderneyer Hotelier Jann Ennen.

Hoffnungen liegen vor allem auf dem Stufenplan der Landesregierung. Der Entwurf sieht vor, dass touristische Übernachtungen bei einem Sieben-Tage-Wert von weniger als 50 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohnern möglich werden. Aktuell liegt die Inzidenz landesweit noch weit darüber. Wirtschaftsminister Bernd Althusmann (CDU) sagte zuletzt, mit Blick auf die Osterferien gehe es nun darum, eine vorsichtige, gestaffelte Perspektive für den Tourismus zu entwickeln.

Ein Hoch- und Runterfahren der touristischen Infrastruktur, je nach aktueller Inzidenzlage, wäre für die Tourismusbranche kaum verkraftbar, teilen die Marketinggesellschaften an der Küste und im Harz mit. "Daher brauchen wir klare Öffnungsperspektiven für die Branche, die abgesichert sind durch Hygiene- und Teststrategien, die die Jojo-Effekte aus schwankenden Inzidenzwerten und Infektionszahlen abpuffern", sagt Christin Wohlgemuth vom Harzer Tourismusverband.

Von der ostfriesischen Küste kam zuletzt auch der Vorschlag, den Stufenplan zu konkretisieren und mit einer Teststrategie für den Tourismus im ganzen Land zu flankieren. Wer etwa für einen Osterurlaub auf die Inseln will, sollte dann einen negativen Corona-Test vorlegen. "Wenn wir eine Teststrategie hätten, dann könnten wir uns in die Freiheit testen", sagt TVN-Vorsitzender Ambrosy. "Das würde nicht nur für eine Öffnung im Tourismus helfen, sondern auch in anderen Bereiche wie etwa dem Einzelhandel."

Das Bangen um die Urlaubssaison ist auch in den übrigen nördlichen Bundesländern groß. In Mecklenburg-Vorpommern setzt die Branche - ähnlich wie in Niedersachsen - ebenfalls auf einen detaillierten Stufenplan, der von großen Teilen der Wirtschaft mitgetragen wird. Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) lässt noch offen, ob die vom Verband angestrebte Öffnung der Beherbergungsbetriebe für Gäste mit Wohnsitz in Mecklenburg-Vorpommern zu Ostern möglich sein wird. Dies hänge von der Inzidenz-Entwicklung ab, die landesweit unter 35 Infektionen pro 100 000 Einwohner binnen einer Woche liegen muss.

Auch in Schleswig-Holstein sind die Hoffnungen auf das Ostergeschäft noch nicht begraben. "Die Perspektive für eine stufenweise Öffnung ist sinnvoll", sagt die Geschäftsführerin des Ostsee-Holstein-Tourismus e.V., Katja Lauritzen. Die Gesundheit von Gästen, Beschäftigten und Einheimischen stehe aber an erster Stelle.

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