Hannover. Nun sollen auch die Kommunen alte Menchen über den Impfstart informieren. Eine Briefkampagne des Sozialministeriums geriet weiter in die Kritik, als klar wurde, dass Menschen teils nur auf Grund altertümlicher Vornamen angeschrieben werden, und andere gar nicht.

Nach Kritik an einer Briefkampagne des niedersächsischen Sozialministeriums für über 80-Jährige zum Impfstart gegen das Coronavirus wird es eine zweite unabhängige Informationskampagne über die Kommunen geben. Diese sollen die alten Menschen über die ihnen zur Verfügung stehenden Meldedaten anschreiben, teilte das Ministerium am Donnerstag in Hannover mit. Die Kosten dafür trägt das Ministerium. Der Städte- und Gemeindebund hatte am Vortag die Hilfe der Kommunen bei der Information der alten Leute angeboten.

Die Kampagne des Ministeriums war in die Kritik geraten, weil die Deutsche Post beauftragt wurde, unter Nutzung unvollständiger Adresslisten der Deutsche Post Direkt GmbH entsprechende Haushalte anzuschreiben. Nicht alle Menschen über 80 Jahren würden somit erreicht, wurde bemängelt. Dies soll nun mit den Schreiben der Kommunen gewährleistet werden.

Den Kommunen werde ein Schreiben des Ministeriums zur Verfügung gestellt, dass die Kommunen gerne ergänzt um örtliche Informationen an die alten Leute schicken können, sagte Ministeriumssprecher Oliver Grimm. "Alles was hilft, ist uns sehr willkommen." Die Schreiben sollen Menschen über 80 Jahre, die noch eigenständig zu Hause leben, über den Start und die Modalitäten der Corona-Schutzimpfung informieren.

Für diese Personengruppe ist vom 28. Januar an per Hotline und im Internet eine Terminvereinbarung für das Impfen möglich, das am 1. Februar in den Impfzentren startet. Allerdings wird es zunächst nur begrenzt Termine geben, da der Impfstoff noch knapp ist.

Der Geschäftsführer der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, äußerte die Sorge, dass trotz der Briefkampagnen nur ein Teil der alten Menschen am Ende tatsächlich über die Impfmöglichkeiten ausreichend im Bilde ist. Der Aufruf sei, dass auch die Angehörigen und Betreuer der Betroffenen nun tätig werden und sicherstellen, dass die alten Menschen über die Impfmöglichkeit und die Abläufe informiert sind.

Landespolitiker von Grünen, FDP und CDU hatten mit Unverständnis darauf reagiert, dass das Sozialministerium nicht gleich auf die Daten der örtlichen Meldebehörden zurückgegriffen hat, um alle Impfberechtigten zu erreichen. Man habe die Behörden mitten in der Corona-Krise nicht mit dem Zusammenstellen von Adresslisten belasten wollen. Außerdem dürfe man die Adressen aus Datenschutzgründen nicht an einen privaten Postdienstleister für den Versand übermitteln, rechtfertigte sich das Sozialministerium. Deshalb habe man die Deutsche Post mit der Ermittlung der Adressen und dem Versand beauftragt.

Der CDU-Landtagsabgeordnete Uwe Schünemann widersprach der Auffassung des Ministeriums am Donnerstag. Behörden dürften personenbezogene Daten durchaus an private Dritte weitergeben, damit diese die Daten unter Verantwortung des Verantwortlichen nutzen, in diesem Fall zum Briefversand.

Über die Briefkampagne des Ministeriums werden ab Anfang kommender Woche rund 210 000 Haushalte in Niedersachsen angeschrieben, das Ministerium schätzt die Zahl der entsprechenden Einwohner über 80 Jahren auf rund 500 000. Alleine daraus lässt sich ablesen, dass mit der Kampagne nicht alle Betroffenen erreicht werden.

Für Gesprächsstoff sorgte zudem der Umstand, dass die Deutsche Post in Ermanglung vollständiger Meldedaten zur Ermittlung der Gruppe der über 80-Jährigen auch Vornamen von Menschen auswertet. Bei Menschen, bei denen die Post zwar Anschrift, aber nicht Alter kennt, wird anhand des Vornamens geschätzt, wie alt derjenige sein könnte, erklärte ein Postsprecher. Wie das Sozialministerium präzisierte, hätten der Post für 197 313 Menschen Altersangaben vorgelegen. Weitere 13 093 Menschen, deren Alter die Post nicht kennt, würden alleine aufgrund ihres Vornamens angeschrieben.