Göttingen/Hannover. Der juristische Streit um die Abschiebung eines vom Innenministerium als Gefährder eingestuften Mannes geht in die nächste Runde. Die Stadt Göttingen geht gegen den gerichtlich angeordneten Abschiebestopp vor.

Nach der gestoppten Abschiebung eines mutmaßlichen islamistischen Gefährders aus Göttingen hat die Stadt Beschwerde beim Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht in Lüneburg eingelegt. Das teilte ein Sprecher des Innenministeriums am Mittwoch mit. Es sei bedauerlich, dass es zunächst nicht möglich ist, den immer wieder straffällig gewordenen, gewalt- und waffenaffinen Mann, der auch vor Drohungen gegenüber Polizeibeamten nicht zurückschrecke, abzuschieben, hieß es. Die Stadt Göttingen und das Ministerium waren wegen des Falls in engem Austausch.

Das Verwaltungsgericht Göttingen hatte am 22. Dezember entschieden, dass der Mann vorerst nicht in die Türkei abgeschoben werden darf. (Az.: 1 B 13/20). Der 30-Jährige ist in Deutschland geboren, hat aber nur einen türkischen Pass. Im Jahr 2018 zog er nach Göttingen. Den Sicherheitsbehörden zufolge hat sich der Mann religiös radikalisiert. Das Ministerium geht davon aus, dass von ihm schwerwiegende Risiken für die öffentliche Sicherheit ausgehen. Doch nach der jüngsten Entscheidung des Verwaltungsgerichts überwiegt das Bleibeinteresse des Mannes das Ausweisungsinteresse des Staates. Die Kammer verwies darauf, dass der Mann nur zu Geldstrafen und zu einer Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt wurde. Er habe ein seit 2006 unbefristetes Aufenthaltsrecht und sei in Deutschland verwurzelt. Sein Bleibeinteresse wiege deshalb in der Gesamtabwägung schwer.

Im Januar 2020 hatte das Bundesverwaltungsgericht eine sogenannte Gefährderabschiebung durch das Innenministerium gestoppt, weil die Richter keine aktuelle terroristische Gefahr durch den Mann sahen. Die Stadt Göttingen ordnete daraufhin als zuständige Ausländerbehörde die Ausweisung des Mannes an und begründete dies mit dessen Straffälligkeit und besonderer Gefährlichkeit. Dagegen wehrte sich der Mann mit einer Klage und hatte Erfolg. Mit der Beschwerde der Stadt geht der juristische Streit nun in die nächste Runde.