Bremen. Ein wortgewaltiger Pastor aus Bremen ist von einem Amtsgericht in die Schranken gewiesen worden. Volksverhetzung, so lautet das Urteil in erster Instanz. Das letzte Wort dürfte in der Sache allerdings noch nicht gesprochen sein.

Nach abwertenden Äußerungen über Homosexualität hat das Amtsgericht Bremen einen evangelischen Pastor wegen Volksverhetzung zu einer Geldstrafe verurteilt. Der Geistliche habe mit seinen Äußerungen Stimmung gegen Homosexuelle machen wollen. Andere zu verunglimpfen, sei jedoch vom Recht auf eine eigene Meinung oder eine eigene Religion nicht gedeckt, begründete Richterin Ellen Best am Mittwoch das Urteil. (Az.: 96 Ds 225 Js 26577/20)

Die Strafe von 90 Tagessätzen à 90 Euro (8100 Euro) liegt im untersten Bereich des Möglichen. Der Anwalt des Angeklagten bezeichnete den Schuldspruch als "Katastrophe" und "Einfallstor zur Beschränkung der Meinungsfreiheit". Er kündigte Rechtsmittel an. Mit seinem Urteil blieb das Gericht unter der Forderung der Staatsanwaltschaft von 120 Tagessätzen à 90 Euro.

Der 53-jährige Pfarrer Olaf Latzel hatte im Oktober 2019 bei einem Eheseminar vor 30 Paaren die Ehe bibel-theologisch ausgelegt und auch über die Gefahren für sie gesprochen. In dem Zusammenhang sagte er, dass der "ganze Genderdreck eine Art Angriff auf Gottes Schöpferordnung" sei. Außerdem: "Überall laufen diese Verbrecher rum vom CSD (Christopher Street Day), feiern Partys und am Rathaus hängt die Regenbogenfahne. Das sind bewusst anti-christliche Dinge, mit denen die Ehe torpediert wird."

Latzel hatte bei dem Seminar, das kurzzeitig als Audiodatei auf Youtube eingestellt wurde, auch von einer "teuflischen" Homo-Lobby gesprochen. Die Richterin ließ seine Argumentation nicht gelten, wonach sich die Äußerungen nicht generell auf Homosexuelle bezogen hätten, sondern auf die Homosexualität, die die Bibel als Sünde ablehne. Homosexualität ohne Menschen sei nicht vorstellbar, sagte Best. Die Äußerungen des Angeklagten über die "Verbrecher vom CSD" insinuierten zudem, dass man gegen diese mit einer "Lizenz zum Handeln" vorgehen dürfe.

Zugleich attestierte Best dem Pastor ein "großes Redetalent". Es bleibe zu wünschen, dass er diese Gabe stärker für eine friedliche Gesellschaft und einen freundlicheren Umgangston nutze. "Wir sollten uns alle dafür einsetzen, dass der Umgang miteinander wieder respektvoller wird."

Latzels Anwalt Sascha Böttner machte noch im Gerichtssaal klar, dass er Berufung beim Landgericht oder möglicherweise gleich Sprungrevision beim Oberlandesgericht einlegen werde. Möglicherweise werde man aber bis zum Bundesverfassungsgericht kämpfen müssen.

Die Bremische Evangelische Kirche (BEK), zu der auch Latzels Gemeinde gehört, reagierte kurz nach dem Urteil. "Ich bin zutiefst betroffen, dass ein Pastor unserer Kirche wegen Volksverhetzung verurteilt worden ist", erklärte BEK-Schriftführer Pastor Bernd Kuschnerus. "Die Äußerungen, die der Verurteilung zugrunde liegen, sind nicht hinnehmbar und schaden dem Ansehen der ganzen Kirche." Der Kirchenausschuss befasst sich am 10. Dezember erneut mit dem Fall.

Gegen Latzel, der 2015 schon einmal wegen seiner drastischen Wortwahl in die Schlagzeilen geraten war, läuft ein Disziplinarverfahren bei der BEK, das derzeit aber ausgesetzt ist. Der Pastor ist Kirchenbeamter und verpflichtete sich, seine Amtsgeschäfte vom 9. November bis zum 6. Dezember ruhen zu lassen.