Hannover.

Der Versicherungskonzern Talanx warnt nach einem Gewinneinbruch im zweiten Quartal vor weiteren Pandemie-Schäden. "Wir werden uns auf eine Corona-Belastung im zweiten Halbjahr einstellen müssen, von der wir noch nicht sagen können, wie hoch sie ausfällt", so Finanzvorstand Immo Querner bei der Vorlage der Zwischenbilanz am Mittwoch in Hannover. Wer sage, "wir machen jetzt einen Deckel drauf und sind durch", handle "unseriös". Eine neue Gewinnprognose für 2020 sei weiterhin nicht möglich. Bei der Abdeckung von Schäden in kleinen Firmen etwa aus der Gastronomie zeigte sich Talanx bisher oft kulant, will pauschale Schließungen künftig aber nicht mehr versichern.

Querner und Vorstandschef Torsten Leue listeten eine Reihe von Risikofaktoren auf, die die Ergebnisse noch einmal durcheinanderwirbeln könnten. Neben weiteren wirtschaftlichen Schäden im Fall einer zweiten Viruswelle und zunehmenden Todesfällen etwa in den USA könnte die gerade angelaufene Wirbelsturm-Saison zu höheren Belastungen führen. Hinzu kommen die verschärften Niedrigzinsen.

Das ursprüngliche Ziel eines Jahresgewinns von 900 bis 950 Millionen Euro hatte Talanx im April zurückgezogen. Nach dem ersten Halbjahr stehen nun 325 Millionen Euro zu Buche. Diese Summe könne man aber nicht einfach aufs Gesamtjahr hochrechnen, erklärte der Vorstand. So waren Schäden in der Kfz-Versicherung durch den verringerten Straßenverkehr infolge der Lockdown-Maßnahmen zuletzt gesunken. "Ob sich dieser Trend fortsetzt, steht in den Sternen", meinte Querner.

Im zweiten Quartal kosteten die Schließung von Betrieben und der Ausfall von Veranstaltungen Talanx viel Geld. In diesem Zeitraum summierten sich die coronabedingten Schäden auf 511 Millionen Euro - insgesamt sind es seit Ausbruch der Pandemie nun 824 Millionen Euro. Allerdings schlagen diese Lasten nicht in voller Höhe auf den Nettogewinn durch, der von April bis Juni um 58 Prozent auf 103 Millionen Euro sank. Ein Großteil der Schäden entfällt auf den Rückversicherer Hannover Rück, an dem Talanx gut die Hälfte hält.

Im Gegensatz zu anderen Versicherern hatte sich der Konzern im Geschäft mit kleinen Unternehmen wie Restaurants nicht auf Vertragsklauseln zurückgezogen, nach denen das neuartige Coronavirus in den versicherten Schadenauslösern gemäß Infektionsschutzgesetz nicht enthalten war. In der Industrieversicherung für große Firmen seien die Bedingungen dagegen restriktiver gewesen, hieß es.

Allerdings will jetzt auch Talanx die Versicherungsbedingungen für Gastronomen und andere kleine und mittlere Betriebe ändern. "In Zukunft werden wir keine allgemeinen Betriebsschließungen mehr versichern, sondern nur noch Einzelverfügungen", sagte der Manager Jan Wicke, der zum 1. September Finanzchef des Konzerns wird.