Hannover. Übernachtungsgäste aus den Kreisen Gütersloh und Warendorf müssen ab Freitag zwischen Harz und Nordsee nachweisen, dass sie nicht mit dem Coronavirus infiziert sind. Es gehe um Infektionsschutz, nicht um Stigmatisierung, betont die niedersächsische Gesundheitsministerin.

Touristen aus den Kreisen Gütersloh und Warendorf dürfen in Niedersachsen bald nur noch mit ärztlichem Attest in Hotels, Ferienwohnungen oder auf Campingplätzen übernachten. Die Landesregierung in Hannover reagierte mit dieser Regelung auf den Corona-Ausbruch im Schlachtbetrieb Tönnies. Wer aus den beiden Kreisen kommt, benötigt von diesem Freitag an eine Bescheinigung über einen Covid-19-Test, der keine Infektion ergab, teilte das Gesundheitsministerium am Mittwochabend mit. Die Testung dürfe bei Ankunft in der Beherbergungsstätte höchstens 48 Stunden zurückliegen, heißt es in der geänderten niedersächsischen Corona-Verordnung.

Ohne ein solches Attest gilt ein Beherbergungsverbot. Vor dem Hintergrund, dass andere Ferienländer wie Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und Bayern als Urlaubsregionen für Menschen aus diesen Kreisen nicht mehr in Betracht kommen, wäre ein Ausweichen auf Niedersachsen zu befürchten gewesen, hieß es. Die neue Verordnung gilt vorerst bis zum 5. Juli.

In den beiden Kreisen in Nordrhein-Westfalen sei der von Bund und Ländern festgelegte Schwellenwert für Neuinfektionen von 50 Fällen pro 100 000 Einwohner in einem Zeitraum von sieben Tagen deutlich überschritten, begründete das Ministerium. Im Kreis Gütersloh beträgt die Sieben-Tages-Inzidenz laut Robert Koch-Institut 270,3 Fälle pro 100 000 Einwohner, im Kreis Warendorf sind es 66,2 Fälle (Stand Mittwoch).

"Es ist wichtig, dass wir eine dynamische Entwicklung des Infektionsgeschehens wie im März verhindern, als das Virus unter anderem aus Skigebieten massiv nach Niedersachsen eingetragen wurde", sagte Gesundheitsministerin Carola Reimann (SPD) in Hannover. "Wir wollen aber nicht, dass die Menschen aus diesen besonders betroffenen Kreisen stigmatisiert werden. Deshalb steht einem Urlaub in Niedersachsen bei einem vorliegenden ärztlichen Zeugnis auch nach dieser Verordnungsänderung nichts im Wege." Das Attest müsse dem Betreiber der Ferienunterkunft und auf Verlangen auch der zuständigen Behörde unverzüglich vorgelegt werden, heißt es in der Anordnung.

Außerdem appellierte das Land Niedersachsen am Mittwoch an Lehrkräfte aus dem Raum Gütersloh und Warendorf, die an niedersächsischen Schulen unterrichten, zunächst zu Hause zu bleiben. "Es geht uns nicht um Diskriminierung oder Ausgrenzung von Menschen aus Nordrhein-Westfalen", sagte Regierungssprecherin Anke Pörksen. Ziel sei nicht, diese Menschen abzuweisen. "Wir versuchen, angemessen zu reagieren auf die sich da abzeichnende Gefährdung." Es gehe auch darum, den Wirtschaftsbetrieb in Niedersachsen zu schützen.

Nach dem massiven Corona-Ausbruch rund um die Fleischfabrik Tönnies im angrenzenden Westfalen hatten Kreis und Stadt Osnabrück bereits angeordnet, dass dort ab Mittwoch für Menschen aus Gütersloh und Warendorf deckungsgleich alle Vorschriften gelten, die Nordrhein-Westfalen für diese Regionen festgesetzt hat. Darüber hinaus müssen alle Schüler, die Schulen im Gebiet Osnabrück besuchen, sowie alle Kinder, die dort in Kindergärten, Kitas oder von Tagesmüttern betreut werden, vom Mittwoch bis 30. Juni zu Hause bleiben.