Hannover/Bremen. Jahrmärkte sind beliebt. Doch die von Corona erzwungene Zwangspause bringt viele Besitzer von Buden und Karussells an den Rand des Ruins. Dabei haben sie die Pläne zum Wiederbeginn schon in der Schublade.

Kein Autoscooter, keine gebrannten Mandeln: Für die Schausteller im Norden fällt der Saisonauftakt wegen der Corona-Pandemie aus. Die Aussichten für die kommenden Monate sind ungewiss. "Für viele Betriebe ist das existenzgefährdend", sagte Rudolf Robrahn, Vorsitzender des Schaustellerverbands Bremen, der Deutschen Presse-Agentur. Eigentlich hätte Robrahn mit seinen Imbissbuden seit vergangenem Wochenende auf der Bremer Osterwiese stehen wollen - doch sie fällt aus.

In Hannover sollte am Karsamstag das Frühlingsfest beginnen, das sonst bis zu 700 000 Menschen anzieht - ebenfalls abgesagt. "Das ist eine unsichere Zeit. Viele Familienbetriebe haben Existenzangst", sagte Harald Müller, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft für Volksfeste Hannover. Müllers Tiroler Festzelt und Mandelwagen haben Ruhe, seine Kinderkarussells, von den Söhnen in achter Generation betrieben, stehen still. "Das ist das erste Ostern, an dem wir im Garten Eier suchen werden", sagte Müller. Sonst wurde gearbeitet.

Für die Schausteller aus Hannover hätten danach das Schützenfeld in Wolfsburg angestanden sowie Pfingstmärkte in kleineren Orten wie Lengede oder Herzberg. "Die wurden schon alle abgesagt", sagte Müller. "Jetzt sind wir in Lauerstellung, was mit dem Schützenfest in Hannover wird." Es gilt mit mehr als einer Million Besuchern jährlich als größtes Schützenfest weltweit. Nach Angaben einer Stadtsprecherin ist noch nicht entschieden, ob das Fest ab dem 3. Juli stattfinden kann.

Rund um Bremen wäre die Frühjahrstour mit Jahrmärkten in Delmenhorst, Bremerhaven und Cuxhaven weitergegangen. Die Branche hat einerseits Verständnis für die Veranstaltungsverbote, die eine Ausbreitung des Virus Sars-CoV-2 verhindern sollen. "Das muss einfach mal durchlebt werden mit diesen Einschränkungen", sagte Robrahn. Er fordert für sich und seine Kollegen aber auch Klarheit, wann und wie sie weiterarbeiten können.

Der wirtschaftliche Schaden: "Das sind keine Umsatzeinbußen. Das ist ein Totalausfall", klagte Robrahn. Nach dem Winter hätten die Betriebe keine Rücklagen. Zwei oder drei Monate könne man überbrücken - "das war’s dann". Die staatlichen Hilfen reichten nicht. Müller berichtete, dass seine Saisonarbeitskräfte kein Kurzarbeitergeld bekommen.

Ursprünglich hatten die Schausteller noch Pläne gemacht, wie die Feste unter den Bedingungen des Seuchenschutzes stattfinden können. Beschränkter Zugang, mehr Hygienestationen, "nur eine Familie oder zwei Leute in der Riesenradgondel, nur eine Person im Autoscooter", sagte Müller. "Die Pläne liegen in der Schublade." Sie könnten wieder hervorgeholt werden, wenn es denn einmal weitergeht.

In der Zwangspause engagieren sich viele Schausteller ehrenamtlich. In Bremen haben sie ein Zelt als Suppenküche für Obdachlose errichtet. In Hannover planen die Schausteller Aktionen für den Ostersamstag, den Eröffnungstag des Frühlingsfestes. "Das sind so kleine Lichtpunkte, die wir setzen, damit die Leute uns nicht vergessen", sagte Müller.

In Deutschland betreiben nach Verbandsangaben mehr als 5000 Schaustellerunternehmen über 12 300 Geschäfte. Auf den Volksfesten werden normalerweise etwa 4,75 Milliarden Euro im Jahr umgesetzt.