Hameln. Die Ausbreitung des Coronavirus beeinflusst auch die Art und Weise von Wahlen. Im Kreis Hameln-Pyrmont wird der neue Landrat erstmals nur per Brief gewählt.

Ausschließlich per Briefwahl bestimmen Bürgerinnen und Bürger am kommenden Sonntag den neuen Landrat des Kreises Hameln-Pyrmont. Hintergrund der Entscheidung ist die Ausbreitung des Coronavirus und die Sorge, dass Menschen sich in Wahllokalen anstecken könnten. "Es ist zum Schutz von uns allen", sagte die Pressesprecherin des Landkreises, Sandra Lummitsch. Zur Wahl aufgerufen sind rund 122 000 Menschen ab 16 Jahren.

Nach Angaben der Sprecherin ist es die erste Wahl im Landkreis, die nur per Briefwahl möglich ist. Ob sich das Verfahren positiv auf die Wahlbeteiligung auswirkt, bleibt abzuwarten. "Es ist ein relativ einfaches Verfahren. Es ist relativ bequem", sagte Lummitsch. Die Unterlagen werden den Wahlberechtigten zugeschickt, diese füllen alles aus und werfen den Wahlbrief portofrei in einen Briefkasten der Post oder in den Briefkasten der Gemeinde. Berücksichtigt werden alle Briefe, die bis spätestens am Sonntag um 18 Uhr im Briefkasten der auf dem Umschlag angegebenen Anschrift eingegangen sind. Es wird erwartet, dass das Ergebnis am Sonntag ab 20 Uhr feststeht.

Zur Wahl stehen der 59-jährige SPD-Politiker Dirk Adomat und der 50-jährige Torsten Schulte von den Grünen. Sie hatten sich im ersten Wahlgang am 8. März mit 34,02 beziehungsweise 32,01 Prozent der Stimmen für die Stichwahl qualifiziert. Der Landtagsabgeordnete und Diplom-Verwaltungswirt Adomat will die Breitbandversorgung und den öffentlichen Nahverkehr ausbauen sowie das Ehrenamt stärken. Der Bankkaufmann Schulte sitzt im Kreistag von Hameln-Pyrmont und ist einer der stellvertretenden Landräte. Als Schwerpunktthemen nannte er Bildung, Digitalisierung und Nachhaltigkeit.

Insgesamt hatten sich vier Männer um den Posten beworben. Stefan Wittkop von der CDU landete im ersten Wahlgang auf Platz drei, auf Rang vier folgte der AfD-Kandidat Christopher Emden. Die Wahlbeteiligung lag bei 40,54 Prozent.

Das Amt wird neu vergeben, weil der bisherige Landrat Tjark Bartels (SPD) im Oktober vergangenen Jahres auf eigenen Wunsch in den Ruhestand versetzt wurde. Er war im Zusammenhang mit dem Missbrauch von Kindern auf einem Campingplatz in Lügde im benachbarten nordrhein-westfälischen Landkreis Lippe politisch unter Druck geraten. Im Zuge der Ermittlungen waren massive Behördenfehler ans Licht gekommen - so hatte das Jugendamt des Kreises Hameln-Pyrmont einem der Haupttäter trotz mehrerer Hinweise auf sexuell übergriffiges Verhalten die Pflegschaft für ein Mädchen übertragen. Strafrechtliche Folgen für die Behörde gab es nicht. Entsprechende Ermittlungen wurden eingestellt.

Für viele Wahlberechtigte im Kreis Hameln-Pyrmont ist es die zweite vorzeitige Landratswahl. 2013 wurde früher als geplant gewählt, weil der damalige Landrat Rüdiger Butte (SPD) in seinem Amtszimmer von einem Rentner erschossen worden war. Tjark Bartels errang den Landratsposten mit fast 60 Prozent der abgegebenen Stimmen gegen den ehemaligen niedersächsischen Innenminister Uwe Schünemann (CDU).