Braunschweig/Haselünne. Desinfektionsmittel sind in der Corona-Krise vielerorts Mangelware. Wie kann man die verfügbare Menge in den Krankenhäusern erhöhen? Immer öfter helfen Getränkehersteller aus - mit Alkohol-Lieferungen.

100 000 Liter Alkohol erhält das Klinikum Braunschweig derzeit von niedersächsischen Unternehmen zur Herstellung von Desinfektionsmittel. Eine Hälfte davon stelle der Spirituosenhersteller Jägermeister aus Wolfenbüttel zur Verfügung, teilte die Klinik mit. Darüber hinaus werde eine weitere Lieferung mit 50 000 Litern vom Chemieunternehmen KWST aus Hannover erwartet. Auch Berentzen überlegt, die Gesundheitsbranche zu unterstützen.

Die Braunschweiger Krankenhausapotheke stellt mit dem Alkohol Desinfektionsmittel für die Kliniken der Region her. "Die Produktion ist eine Premiere und der aktuellen Notlage geschuldet", erklärte Geschäftsführer Andreas Goepfert. "Mit der eigenen Produktion stellen wir sicher, dass das Klinikum Braunschweig erst einmal mit Desinfektionsmittel versorgt ist." Die Klinik betonte, dass eine Abgabe des Mittels an Externe oder Privatpersonen nicht möglich sei. Der Alkohol Ethanol ist Bestandteil vieler solcher Mittel.

Der Getränkeproduzent Berentzen richtet sich ebenfalls auf mögliche Lieferungen ein. "Wir produzieren in unserer Destillation selbst keine größeren Mengen Alkohol", hieß es am Dienstag aus der Firma in Haselünne im Emsland. In der kleinen Destille für "Craft"-Produkte falle dieser bisher nur in kleinerem Umfang an. "Worüber wir aber nachdenken, ist, Hersteller von Desinfektionsmittel zu unterstützen oder selbst welches herzustellen." Dies werde derzeit noch geprüft.

Der Zuckerhersteller Nordzucker kündigte an, aufgrund des erhöhten Bedarfs sämtliches noch verfügbares Bioethanol ausschließlich für weiterverarbeitende Betriebe zur Desinfektionsmittelherstellung bereitzustellen. Das Unternehmen mit Hauptsitz in Braunschweig produziert am Standort Klein Wanzleben nach eigenen Angaben bis zu 130 000 Kubikmeter Bioethanol im Jahr.

Überschüssiger Alkohol aus der Herstellung alkoholfreier Biersorten ist ebenfalls ein Thema. Eine Sprecherin der Bremer Beck's-Brauerei sagte der "Bild"-Zeitung, 500 000 Liter Ethanol aus dem Unternehmen gingen derzeit an die Hersteller KWST und Jodima. Auch im schwer von der Corona-Pandemie getroffenen Frankreich helfen Getränkefirmen: Der Spirituosenhersteller Pernod Ricard liefert 70 000 Liter reinen Alkohol an einen Produzenten von Desinfektionsgels.

Auf Initiative Niedersachsens wurden inzwischen Beschränkungen in der Produktion von Desinfektionsmittel auf Apotheken und Pharmahersteller aufgehoben. Die chemische Industrie, Kosmetik- und Parfümhersteller und andere geeignete Firmen dürfen nun Produkte zur Händedesinfektion herstellen, wie das Umweltministerium am Montag in Hannover mitteilte. In Gesprächen auf Bundesebene hatte Niedersachsen darauf gedrungen, die rechtlichen Grenzen hier vorübergehend aufzuheben. Umweltminister Olaf Lies (SPD) sagte: "Wir brauchen alle verfügbaren Ressourcen, um den immensen Bedarf decken zu können."