Neuharlingersiel. Bald könnte es keinen Fisch aus der Nordsee mehr auf den Tellern geben - so sieht ein Schreckensszenario niedersächsischer Fischer aus. Der Platz auf dem Meer wird eng.

Wo bleibt da noch Platz für die Fischerei - diese Frage angesichts des Ausbaus der Offshore-Windenergie hat ein Treffen von Fischern in Ostfriesland überschattet. "Die haben ja schon alles zugepflastert", sagte der Verbandsvorsitzende der kleinen Hochsee- und Küstenfischerei Weser-Ems, Dirk Sander. Er wolle dafür kämpfen, dass die Fischer künftig etwa mit Körben in Windparks fangen dürften. "In Dänemark darf man schon rein, in den Niederlanden wird man auch rein dürfen, bloß hier in Deutschland soll man nicht dürfen", führte Sander beim Fischereitag in Neuharlingersiel aus.

Wegen der Betriebssicherheit sind Windparks für die Grundschleppnetzfischerei gesperrt. Bei dieser Methode werden große Netze direkt über den Meeresboden gezogen. Auch die Kabeltrassen, um den Strom an Land zu bringen, bereiten den Fischern Sorge - die Kabel dort werden zwar eingegraben, doch für die Bauzeit bedeutet das Einschränkungen. "Wir werden herrlich beleuchtete Esszimmertische haben, aber keinen Fisch mehr drauf", sagte Sander.

Seitens der Politik wird der Ausbau als wichtiger Baustein für den Klimaschutz gesehen. Bisher sind nach Angaben des Bundesamts für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) 17 Offshore-Windparks in der Nordsee in Betrieb, drei weitere im Bau. In der Nordsee sind demnach rund 1200 Windenergieanlagen mit mehr als 6100 Megawatt am Netz, in der Ostsee 210 Anlagen mit 1000 Megawatt. Ziel nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz ist es, auf 15 000 Megawatt bis 2030 zu kommen.

"Wenn man sich das anschaut, kann ich wirklich sehr gut die Sorgen der Fischer verstehen, dass sie sagen: Das Meer wird zugebaut", erklärte der Abteilungsleiter Ordnung des Meeres des BSH, Nico Nolte, beim Blick auf die erforderlichen Flächen für den Offshore-Ausbau. Die Behörde genehmigt die Windparks und ist für die strategische Planung zuständig. "Dann gibt es noch die Naturschutzgebiete, dann gibt es die Verkehrstrennungsgebiete für die Schifffahrt. Da wird der Platz tatsächlich eng."

"Wir schlagen auch vor, dass Fischerei in Form von Korbfischerei in der äußeren Sicherheitszone des Windparks bis zu einem Abstand von 250 Metern zu den äußeren Anlagen gestattet sein soll", so Nolte. Die Sicherheitszone gilt 500 Meter um einen Windpark. Der Verbandsvorsitzende Nolte sieht kein Problem, auch die Parks selbst zum Fischen freizugeben: "Unsere Kapitäne haben tolle Schiffe mit toller Ausrüstung, da wird nichts passieren."

2019 war nach zwei wirtschaftlich guten Jahren ein schlechtes für die Fischer im Verband mit 69 aktiven Betrieben: Sie landeten nach eigenen Angaben 7,7 Tonnen Fisch, Krabben und Muscheln für den Verzehr an - gegenüber 12,6 Tonnen im Vorjahr. Die Umsätze brachen um fast 47 Prozent ein, von knapp 38 Millionen Euro auf rund 20 Millionen. Die Krabbenfischer etwa litten unter dem Rekordergebnis von 2018: Im Folgejahr gab es wegen voller Kühlhäuser kaum Bedarf, die Erzeugerpreise blieben unter drei Euro pro Kilogramm. Beim Fisch trübten laut Hilke Looden von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen natürliche Schwankungen die Bilanz.