Hannover. Die Medizinische Hochschule Hannover muss sich erklären. Hätte der Klinikaufenthalt verhindert oder verkürzt werden können?

Der unerwünschte Patient ist ausgereist, doch die Behandlung eines mutmaßlichen Mafia-Mitglieds an der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) hat ein politisches Nachspiel: An diesem Montag (11.00 Uhr) informiert die niedersächsische Landesregierung die Abgeordneten über den umstrittenen Klinikaufenthalt.

Der 35-jährige Mann aus Montenegro war am 7. Februar in Hannover eingetroffen, um seine Ende Januar erlittenen Schussverletzungen behandeln zu lassen. Nach Aussage der Ärzte war vor seiner Aufnahme nicht bekannt, dass der Patient in eine seit Jahren dauernde Clan-Fehde um Drogengeschäfte verwickelt sein soll.

Clan-Mitglied aus Montenegro: Großaufgebot der Polizei

Zum Schutz des 35-Jährigen und seiner Ehefrau sowie der MHH-Mitarbeiter, Besucher und anderen Patienten bewachte tagelang ein Großaufgebot der Polizei das Klinikgelände. Dazu hatte auch das Bundeskriminalamt geraten. Die Kosten wird laut Innenministerium wohl das Land Niedersachsen und damit der Steuerzahler tragen müssen. Dies hatte heftige Kritik ausgelöst. Zur Höhe der Kosten für den Polizeieinsatz wurden bisher keine Angaben gemacht.

Die Parlamentarier wollen in der Sondersitzung der Ausschüsse für Inneres und Wissenschaft auch wissen, warum der Mann nicht in Schutzgewahrsam genommen und ins Gefängniskrankenhaus nach Lingen im Emsland verlegt worden war. Entsprechende Anträge hatte das Amtsgericht Hannover abgelehnt.

Heikler Patient in der MHH: Akteneinsicht gefordert

Man müsse schauen, ob nicht nur in der MHH, sondern auch in der Landesregierung personelle Konsequenzen notwendig seien, sagte der stellvertretende FDP-Fraktionschef Jörg Bode im Interview mit radio ffn. "Das wird der Montag und auch die entsprechende Akteneinsicht zeigen." Auch die Innenexpertin der Grünen, Susanne Menge, sagte dem Sender, es gebe eine Fülle von Widersprüchlichkeiten und das Bild eines nicht abgestimmten Vorgehens innerhalb der Landesregierung.

An der Sitzung wird unter anderem Wissenschaftsminister Björn Thümler (CDU) teilnehmen. Er war nach seiner Auffassung zu spät über die Behandlung von Igor K. in der landeseigenen Uniklinik informiert worden. Für das Justizministerium wird Staatssekretär Stefan von der Beck erwartet. Aus dem Innenministerium hieß es, Minister Boris Pistorius (SPD) werde wahrscheinlich nicht teilnehmen.

Der Montenegriner ist am Freitag mit einem Ambulanzflugzeug nach Istanbul abgereist, wo er sich laut seinem Rechtsanwalt weiter behandeln lassen will. Zuvor hatte die Stadt Hannover in enger Abstimmung mit dem Innenministerium beschlossen, den Mann auszuweisen, weil von seinem Aufenthalt in Hannover eine "Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung" ausgehe.