Hannover. Weitere Mitarbeiter der Hilfsorganisation und einer Sicherheitsfirma stehen unter Verdacht. Der Schaden: 10,2 Millionen Euro

Die Staatsanwaltschaft Hannover hat fünf Männer und eine Frau wegen Abrechnungsbetrugs rund um Flüchtlingsheime mit einem Schaden von mehr als zehn Millionen Euro angeklagt. Dem Ex-Geschäftsführer des Arbeiter-Samariter-Bundes (ASB) in Hannover, zwei seiner Assistenten und einer Ehefrau sowie dem Inhaber einer Sicherheitsfirma und seinem Berater werden Untreue und Betrug in besonders schwerem Fall vorgeworfen, wie die Staatsanwaltschaft am Dienstag mitteilte.

Für das Betreiben und Bewachen von insgesamt zehn Flüchtlingsheimen sollen Scheinrechnungen erstellt sowie die Bezahlung für berechtigte Rechnungen auf Privatkonten umgeleitet worden sein. Der Schaden für das Land Niedersachsen wird auf 10,2 Millionen Euro beziffert. Wie das Innenministerium in Hannover mitteilte, handelt es sich bei dem Betrug um einen Einzelfall, weitere Fälle seien nicht bekannt geworden. Während des großen Flüchtlingszuzugs seien die Rechnungen von Hilfsorganisationen wegen der Dringlichkeit zwar zunächst sofort bezahlt, aber später im Detail geprüft worden.

Geld landete auf Konto der Ehefrau

Seit 2015 hatte der Arbeiter-Samariter-Bund für das Land Niedersachsen Flüchtlingsunterkünfte betrieben. In zehn Fällen soll der angeklagte 46 Jahre alte ASB-Geschäftsführer mit den mutmaßlichen Mittätern Scheinrechnungen über nicht erbrachte Leistungen über 3,4 Millionen Euro ausgestellt und bezahlt bekommen haben. Weitere 6,7 Millionen Euro, die der ASB berechtigterweise in Rechnung stellte, sollen die Verdächtigen auf Privatkonten umgeleitet haben - unter anderem auf das der Ehefrau eines Assistenten, wo 140.000 Euro landeten. Der Geschäftsführer soll zudem private Klaviertransporte und den Kauf einer Küche laut Staatsanwaltschaft über den ASB abgerechnet haben.

Auf die Schliche kamen die Behörden den mutmaßlichen Betrügern bei einer Prüfung der Buchhaltung der Sicherheitsfirma in Rehburg-Loccum (Kreis Nienburg). Es ergaben sich Widersprüche zwischen der Zahl der tatsächlich Beschäftigten und den Angaben in den Rechnungen. Außerdem gab es Geldwäscheverdachtsmeldungen von Banken, wo Millionensummen zwischen verschiedenen Konten hin- und hergeschoben und sogar 1,3 Millionen Euro in bar abgehoben worden waren. Der Fall war Ende Februar bekannt geworden. Bei den Beschuldigten beschlagnahmte die Staatsanwaltschaft fünf Immobilien, fünf Autos, eine Rolex-Uhr und 170.000 Euro Bargeld.

3,6 Millionen Euro landeten bei der Familie im Libanon

Von dem ergaunerten Geld sollen 1,2 Millionen Euro in die Gründung eines neuen Krankentransportunternehmens geflossen sein, erklärte die Staatsanwaltschaft. Ein Grundstück und Fahrzeuge wurden gekauft. Da das Unternehmen zwischenzeitlich Insolvenz anmeldete, befinden sich diese Werte in der Hand des Insolvenzverwalters. Weitere 3,6 Millionen Euro soll der Ex-Geschäftsführer auf das Konto einer Firma im Libanon transferiert haben, wo seine familiären Wurzeln liegen.

Die überwiegend nicht vorbestraften Verdächtigen werden sich, wenn der Klage stattgegeben wird, vor der Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Hildesheim verantworten müssen, teilte die Staatsanwaltschaft mit.