Dem CDU-Chef kommt laut Umfrage bei der Wahl der Koalitionspartner abhanden. FDP, Linke und Piraten schaffen es nicht in den Landtag.

Hannover. Wenn es wirklich so kommt, werden der Landtag von Niedersachsen regelrecht umgekrempelt und die Bundesparteien aufgemischt: Auf den Tag genau vier Monate vor der Landtagswahl hat gestern der Norddeutsche Rundfunk eine neue Umfrage veröffentlicht - und danach wird nicht nur die schwarz-gelbe Landesregierung abgewählt. Völlig gegen den Trend der vergangenen Jahre, so das Ergebnis der repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Infratest Dimap, würden neben CDU und SPD nur die Grünen den Einzug in den Landtag schaffen. FDP und Linke, so der aktuelle Stand der Dinge, würden ebenso an der Fünfprozenthürde scheitern und die Piratenpartei den Einzug verpassen. Die Auswirkungen eines solchen Ergebnisses auf die Bundestagswahl sind noch gar nicht abzuschätzen.

Piraten und Linkspartei können laut Umfrage am 20. Januar 2013 nur mit vier, die FDP sogar nur mit drei Prozent der Wählerstimmen in Niedersachsen rechnen. Die CDU verliert mit über fünf Prozentpunkten deutlich, hat aber mit 37 Prozent weiter die Nase deutlich vor der SPD, die mit 33 drei Prozentpunkte zulegen würde im Vergleich zu 2008. Die Grünen dagegen, so die Umfrage im Auftrag des NDR-Regionalmagazins "Hallo Niedersachsen", verdoppeln ihre Stimmenzahl annähernd von acht auf 15 Prozent.

Selbst wenn am Ende alle drei kleinen Parteien doch noch knapp den Sprung in den Landtag schaffen, bliebe es aktuell dabei, dass CDU und FDP nach zehn Jahren an der Regierung weit weg wären von einer erneuten Mehrheit. Mit jeder Partei, die nicht in den Landtag kommt, respektive darin bleibt, wächst zudem der Vorsprung von SPD und Grünen bei der Zahl der Abgeordneten. Zudem hat sich die Linke bereits darauf festgelegt, Rot-Grün zur Macht zu verhelfen, falls sie wieder in den Landtag einzieht. Und die Piraten haben in der Vergangenheit in anderen Landesparlamenten gezeigt, dass sie ebenfalls eher SPD und Grüne unterstützen wollen als CDU und FDP.

Die neue NDR-Umfrage ist keine isolierte Momentaufnahme, sondern bestätigt das Ergebnis von drei vorangegangenen Umfragen aus den vergangenen zwölf Monaten: Schwarz-Gelb ist danach derzeit chancenlos. Trost für die CDU: Ihre Werte steigen, verglichen mit der Umfrage im Mai, deutlich an.

Die FDP in Niedersachsen hat nicht nur unter dem schlechten Ansehen der Bundespartei zu leiden. Ihr neuer Landesvorsitzender Stefan Birkner, seit Januar Umweltminister, ist im Land weitgehend unbekannt. Sein Vorgänger als Umweltminister, Hans-Heinrich Sander, wurde Anfang des Jahres auch als stellvertretender Landesvorsitzender abgelöst, obwohl er der eindeutig bekannteste liberale Politiker im Land ist.

Bei einer Direktwahl des Regierungschefs läge David McAllister mit 46 Prozent deutlich vor SPD-Spitzenkandidat Stephan Weil mit 27 Prozent. McAllister ist seit zehn Jahren in führender Position im Landtag und mehr als zwei Jahre Regierungschef. Völlig offen ist, wie sehr die Werte der CDU sowie die von McAllister unter der Hängepartie um staatsanwaltschaftliche Ermittlungen gegen den früheren Bundespräsidenten Christian Wulff wegen Korruptionsverdachts leiden. Und was der CDU auch Sorgen machen dürfte: Obwohl 52 Prozent der Befragten mit der Arbeit der schwarz-gelben Landesregierung zufrieden sind, wünschen sich 44 Prozent einen politischen Wechsel, und nur 41 Prozent wollen eine erneute Führungsrolle der CDU.

Die CDU veröffentlichte gestern Abend noch eine eigene aktuelle Umfrage mit nur geringen Abweichungen: Da liegt sie mit 38 Prozent vor der SPD mit 33, Linke und FDP schaffen mit fünf Prozent den Sprung in den Landtag, die Piraten aber haben nur drei Prozent.

Ebenfalls gestern hat das Innenministerium die Medienvertreter zu einer Vorbesprechung für den Wahlabend im Landtag eingeladen. Die Organisatoren müssen davon ausgehen, dass der Ansturm so groß sein wird wie nie zuvor: Die Wahl in Niedersachsen gilt als Probelauf für die Bundestagswahl im September 2013. Die jüngsten Zahlen werden bei potenziellen Verlierern wie Gewinnern eher dazu führen, auch bei der Wahlkampfplanung noch einmal zuzulegen. Ob es dabei bleibt, dass die Parteien erst nach Weihnachten flächendeckend Plakate kleben, muss sich zeigen. Es geht schließlich nicht nur um die Macht, sondern für gleich drei Parteien um die parlamentarische Existenz.