Schwerin/Rieps (dpa/mv). Mecklenburg-Vorpommern will die Windkraftnutzung weiter vorantreiben und dabei auch die Bürger profitieren lassen. Im Westen des Landes war die Bereitschaft mitzumachen groß.

In der Nähe des nordwestmecklenburgischen Dorfes Rieps ist am Mittwoch ein Windpark mit sechs Windrädern offiziell in Betrieb genommen worden, an dem auch umliegende Gemeinden und deren Bewohner beteiligt sind. Investor ist die Mecklenburg-Vorpommern Energie (mve), ein Gemeinschaftsunternehmen des regionalen Energieversorgers Wemag (Schwerin) und der Energieverbund Nord GmbH mit Sitz in Brunow (Landkreis Ludwigslust-Parchim). Wie die Wemag anlässlich der Eröffnung des Windparks mitteilte, wurde die mve ins Leben gerufen, um Gemeinden dabei zu unterstützen, erneuerbare Energieprojekte zu entwickeln und langfristig selbst daran zu partizipieren.

In der Vergangenheit hatten insbesondere große auswärtige Stromkonzerne und Fonds in Windparks im Nordosten investiert. Anders als etwa in Schleswig-Holstein mit vielen einheimischen Investoren flossen so auch die Erträge in andere Bundesländer ab und blieben nicht in der Region. Das trug maßgeblich mit dazu bei, dass die Widerstände gegen neue Windparks in MV wuchsen. Dem versuchte die Landesregierung mit dem 2016 beschlossenen Bürgerbeteiligungsgesetz entgegenzuwirken. Laut Gesetz müssen 20 Prozent der Geschäftsanteile Gemeinden und Bürgern angeboten oder adäquate Beteiligungsmöglichkeiten geschaffen werden.

„Die große Resonanz auf das vorgelegte Sparprodukt hat gezeigt, dass Einwohnerinnen und Einwohner bereit sind, vor der Haustür in die Energiewende zu investieren“, stellte Wemag-Vorstand Caspar Baumgart fest. Die hier lebenden Menschen würden in die Energiewende eingebunden und zögen Nutzen aus der vor ihrer Haustür klimafreundlich erzeugten Energie. „Das schafft bei der Bevölkerung mehr Akzeptanz für die erneuerbaren Energien“, zeigte sich Baumgart überzeugt.

Zurückhaltender äußerte sich Dirk Fröhling als Bürgermeister von Rieps. Nach seinen Angaben wurden den umliegenden Dörfern Unternehmensanteile gewährt. Bewohner hätten zudem Sparbriefe im Wert von jeweils 500 Euro erwerben können. „Bei acht Prozent Verzinsung war das recht lukrativ und viele hätten auch gern mehr angelegt. Denn 40 Euro Ertrag im Jahr reichen ja nicht mal, um schick essen zu gehen“, sagte Fröhling. Bei der Bürgerversammlung zu dem Projekt habe es so auch viele Enttäuschte gegeben.

Torsten Hinrichs als mve-Geschäftsführer räumte ein, mit einer so großen Investitionsbereitschaft der Bürger nicht gerechnet zu haben. Bei ähnlichen Projekten sei die Resonanz zuvor merklich geringer ausgefallen. Deshalb sei die Verzinsung bei einem Ausgabevolumen von insgesamt 200.000 Euro bei kleiner Stückelung auch heraufgesetzt worden. „Dass die Menschen in den Dörfern dann doch so viel Geld anlegen wollten, hat uns schon überrascht“, sagte Hinrichs. Nach seinen Angaben wurden in den neuen Windpark rund 57 Millionen Euro investiert, 46 Millionen Euro davon Bankdarlehen, 11 Millionen Eigenmittel, von denen die Kommunen knapp neun Prozent tragen würden, also gut eine Million Euro.

Jahrelange Verzögerungen bei der Windkraft-Planung in den Regionen hatten neben langen Genehmigungsverfahren und Bürgerprotesten den Ausbau der Ökostrom-Produktion in MV gebremst. Nach den Vorgaben des Bundes soll der Anteil ausgewiesener Windeignungsflächen bis 2032 von derzeit 0,8 auf 2,1 Prozent der Landesfläche anwachsen. Das stößt vielerorts auf Kritik, auch weil die Netzentgelte im Nordosten wegen des Ausbaus der Stromleitungen bundesweit zu den höchsten gehören. Ende 2023 waren im Nordosten 1852 Windräder mit einer Gesamtleistung von 3722 Megawatt am Netz. Damit hatte Mecklenburg-Vorpommern einen Anteil von 6 Prozent der bundesweit installierten Windrad-Leistung.