Schwerin (dpa/mv). Allen Beschlüssen und Kritiken zum Trotz besteht die Klimastiftung MV weiter. Und das soll nach dem Willen des Vorstandes auch auf Dauer so bleiben. Den Weg dazu hat die Stiftungsspitze aufgezeigt.

Der Vorstand der umstrittenen Klimastiftung MV treibt die Bestrebungen voran, die Stiftung aus der Verantwortung des Landes zu lösen und damit deren Fortbestand zu sichern. Der durch einen vom Landtag beauftragten Gutachter vorgeschlagene Rückzug von Landtag und Landesregierung als den beiden Stiftern könne rechtssicher nur durch eine Satzungsänderung umgesetzt werden. Diese habe der Vorstand bereits am 4. März beschlossen und dem Justizministerium als zuständiger Aufsichtsbehörde zur Bestätigung vorgelegt, sagte der Vorstandsvorsitzende Erwin Sellering am Mittwoch in Schwerin. Ziel sei zudem, die Gemeinnützigkeit für die Stiftung zu erreichen.

Mit der Satzungsänderung werde das bisher bestehende Recht des Stifters zur Berufung von Vorstand und Kuratorium gestrichen. Dies sei kurzfristig möglich und bedürfe keines langwierigen Dialogs zwischen Vorstand, Landtag und Regierung. Sellering, bis 2017 selbst Ministerpräsident Mecklenburg-Vorpommerns, forderte die Landesregierung auf, nicht weiter auf Zeit zu spielen, die Unmöglichkeit einer rechtssicheren Auflösung der Stiftung anzuerkennen und deren Arbeit für den Klimaschutz nicht zu behindern. Wegen des Konflikts um die Auflösung ist es etwa Schulen im Land nicht erlaubt, von der Stiftung finanzierte Klimaschutzprojekte zu starten.

Der Landtag hatte am 1. März 2022 als Reaktion auf den russischen Überfall auf die Ukraine die Auflösung der mit Geld aus Russland ausgestatteten Stiftung für Umwelt und Klimaschutz MV beschlossen. Das hatte Sellering, von der Landesregierung Anfang 2021 mit der Leitung betraut, aber unter Hinweis auf die Maßgaben des deutschen Stiftungsrechts abgelehnt und die Stiftung gegen den Willen von Parlament und Regierung fortgeführt. Sellering sieht sich in seinem Handeln bestätigt. Denn in dem von Landtagspräsidentin Birgit Hesse in Auftrag gegebenen Gutachten kam auch der Düsseldorfer Jurist Andreas Urban zu dem Schluss, dass die Stiftung nicht rechtssicher aufgelöst werden kann. Der Gutachter regte an, die Stiftung aus dem politischen Einfluss des Landes zu lösen und ganz an die Zivilgesellschaft zu übertragen. Große Teile der Opposition im Landtag beharren aber auf Auflösung.

Sellering bezeichnete die Kritik an Stiftung und Vorstand insbesondere durch CDU und Grüne im Landtag als politisch motiviert, beklagte zugleich aber auch eine „fortdauernde negative Einstellung des Stifters gegen die von ihm geschaffene Stiftung“. Im Interesse des Stiftungszwecks müsse der Einfluss von Landtag und Regierung auf das weitere Schicksal der Stiftung rasch beendet werden. „Ich habe noch nie davon gehört, dass eine Stiftung über so lange Zeit so feindlich und so aggressiv angegriffen worden wäre wie diese Stiftung“, sagte Sellering. Dabei sei offenkundig auch rechtswidriges Agieren einkalkuliert worden, wie das lange Festhalten am Auflösungsbeschluss zeige. „Auch Herrschende müssen sich an den Rechtsstaat halten“, sagte Sellering, der vor seiner politischen Karriere als Verwaltungsrichter tätig war.

Die Klimaschutzstiftung war Anfang 2021 gegründet worden, um die Fertigstellung der Erdgasleitung Nord Stream 2 unter Umgehung von Sanktionsdrohungen der USA gegen beteiligte Firmen zu ermöglichen. Die Nord Stream 2 AG, ein Tochterunternehmen des russischen Staatskonzerns Gazprom, brachte für Umweltprojekte 20 Millionen Euro in die Stiftung ein, das Land gab 200 000 Euro als Stiftungseinlage. Der für den Fertigbau der russisch-deutschen Gasleitung befristet eingerichtete und ebenfalls von Nord Stream 2 finanzierte Geschäftsbetrieb der Stiftung wurde nach Abschluss der Bauarbeiten abgewickelt. Ein Sonderausschuss des Landtags befasst sich mit der Gründung und dem Wirken der Klimastiftung.

Nach Ansicht der CDU ist der von Sellering nun vorgezeichnete Weg für die Stiftung Beleg dafür, dass die Absprachen zwischen Staatskanzlei und Stiftung „offenbar nach wie vor ausgezeichnet“ laufen. Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) habe einen bequemen Weg gefunden, sich aus der Verantwortung zu stehlen und Sellering gehe diesen Weg mit. „Die Menschen werden allerdings nicht vergessen, dass die Stiftung auf einem Fundament aus Lügen errichtet wurde. Die Aufklärungsarbeit geht weiter“, kündigte der CDU-Abgeordnete Sebastian Ehlers an.

FDP-Fraktionschef René Domke wies die Vorwürfe gegen Landtag, Regierung und Opposition zurück. Sellering erwarte Einsicht und Entschuldigungen, sei aber nicht bereit, an der Aufklärung der Gründungsgeschichte und der Geschäftsführung mitzuwirken. „Mit der Anerkennung der Rechte des Parlaments hat der Ministerpräsident offenbar auch seine Probleme. Das verfassungsrechtliche Institut des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses als Veranstaltung des parteipolitischen Kampfes darzustellen, die vor der nächsten Wahl "noch einmal hochtourt", steht für sich“, sagte Domke. Auch die FDP dringe weiter auf Aufklärung, „wie tief der Arm von Nord Stream 2, Gazprom und Kreml in das Regierungshandeln reichte“.

Constanze Oehlrich von den Grünen sprach sich entschieden dagegen aus, die Stiftungssatzung ändern zu lassen. „Durch einen solchen Schritt würde die weiterhin dringend erforderliche Aufklärung der Machenschaften rund um die Pipeline Nord Stream 2 und die "Klimastiftung" massiv erschwert werden. Eine Übertragung in private Hände würde die Stiftung von öffentlicher Kontrolle abschirmen, die Presse würde keine Informationsansprüche mehr gegenüber der Stiftung geltend machen können“, sagte sie zur Begründung.

Thomas Krüger von der SPD-Regierungsfraktion äußerte sich hingegen zufrieden, dass nun eine Lösung für die Klimaschutzstiftung in Sicht sei. „Wir setzen auf eine einvernehmliche Lösung. Deshalb haben wir bei der vergangenen Landtagssitzung auch die Landtagspräsidentin dazu aufgefordert, diese Option gemeinsam mit allen Beteiligten zu prüfen. Uns ist es wichtig, in dieser Sache endlich einen guten und rechtlich sicheren Abschluss zu finden“, erklärte Krüger. Auf diese Weise könne die Stiftung weiter wichtige Umweltschutzprojekte im Land fördern.

Nach Auskunft von Finanzvorstand Katja Enderlein verfügt die Stiftung aktuell über 16 Millionen Euro. Bislang seien 1 bis 1,5 Millionen Euro pro Jahr für Klimaschutzprojekte und die Gehälter in der Geschäftsstelle ausgegeben worden. Strittig war noch, ob die Klimaschutzstiftung als bislang gemeinwohlorientierte Stiftung verpflichtet ist, Schenkungssteuer zu entrichten. Unter Vorbehalt hatte die Stiftung 10 Millionen an den Fiskus gezahlt. Doch Sellering kündigte an, dagegen weiter gerichtlich vorzugehen. Sechs Millionen Euro der noch bereitstehenden Mittel für den Klimaschutz stammen nach Angaben der Stiftung aus Gewinnen des früheren wirtschaftlichen Teils, der Aufträge zur Fertigstellung der Pipeline im Umfang von 165 Millionen Euro bewerkstelligt habe.