Schwerin. Die deutschen Städte begrüßen die zahlreichen Demonstrationen in den letzte Wochen. „Das gibt uns Zuversicht“, sagt der Vizepräsident des Deutschen Städtetags, Jung.

Der Deutsche Städtetag hat die zahlreichen Demonstrationen gegen Rechtsextremismus in den vergangenen Wochen begrüßt. „Das gibt uns Zuversicht“, sagte der Vizepräsident des Kommunalverbands, Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD), am Dienstag in Schwerin zum Abschluss der Konferenz der Oberbürgermeister ostdeutscher Städte. Die Mehrheit der Menschen stehe für Vielfalt und Demokratie.

Schwierigkeiten bei Flüchtlingsunterbringung

Jung mahnte zugleich eine bessere Finanzausstattung der Kommunen an, um Zuwanderer aufnehmen und integrieren zu können. Die Flüchtlingssituation in den Kommunen sei trotz gesunkener Zugangszahlen, auch infolge der Grenzkontrollen, weiterhin angespannt, sagte er. Die Herausforderung, die Menschen würdevoll unterzubringen, sei enorm. Allein in Leipzig lebten derzeit rund 2000 Menschen in Zeltstädten, darunter Familien mit Kindern.

„Wir sind nach wie vor nicht zufrieden mit der finanziellen Unterstützung, die wir von Bund und Ländern bekommen“, sagte Jung. Auch für die weiteren Aufgaben, wie die Bereitstellung von Kita- und Schulplätzen, sähen die Kommunen Bedarfe. „Wir haben eine Vielzahl von Integrationsaufgaben vor uns, denen wir und auch gerne stellen wollen, doch wir fühlen uns finanziell dafür nicht ausreichend ausgestattet.“

Bezahlkarte für Asylbewerber begrüßt

Schwerins Oberbürgermeister Rico Badenschier (SPD) begrüßte die geplante Einführung einer Bezahlkarte für Asylbewerber. Dies könne die Bürokratie in den Kommunen verringern, sagte er. Das gelinge aber nur, wenn es möglichst einheitliche Lösungen gebe und kein Flickenteppich entstehe.

Der Hauptgeschäftsführer des Städtetags, Helmut Dedy, rechnet damit, dass die Bezahlkarte nicht vor Anfang 2025 kommt. Das Verfahren sei für die 14 Bundesländer, die dabei gemeinsam agierten, europaweit ausgeschrieben worden. „Wir gehen davon aus, dass es frühestens im Sommer ein Ergebnis dieser Ausschreibung gibt“, sagte er. Dann müsse es in den Ländern noch umgesetzt werden. Mecklenburg-Vorpommern und Bayern verfolgen bei der Bezahlkarte für Asylbewerber eigene Wege.

Städte fordern Bürokratieabbau

Der Städtetag fordert von Bund und Ländern einen entschiedenen Bürokratieabbau und digital umsetzbare Gesetze. Es müsse wieder ein Gleichgewicht zwischen verfügbaren Fachkräften und den zu erledigenden Aufgaben erreicht werden, hieß es in Schwerin. Als Beispiel nannte der gastgebende Schweriner Oberbürgermeister Rico Badenschier (SPD) Förderprogramme, deren Beantragung oft sehr aufwendig sei.

Badenschier verdeutlichte, dass bis 2030 bundesweit jeder dritte Beschäftigte im Öffentlichen Dienst in den Ruhestand geht. Schon heute seien 400.000 Stellen im öffentlichen Sektor in Deutschland unbesetzt.

Zugleich stünden die Kommunen unter einem hohen Erwartungsdruck seitens der Bürger. Badenschier wies auf große Ausbildungsbemühungen der Städte hin, um künftige Fachkräfte heranzuziehen. Doch das allein reiche nicht. Er forderte, die Kommunen bei neuen Gesetzesvorhaben frühzeitig einzubinden. „Wir sind die, die neue Regelungen vor Ort umsetzen müssen.“

Schweriner OB: Neue Grundsteuer verteuert Wohnen

Badenschier wies zudem auf ein Problem mit der Grundsteuerreform hin. Das Bundesmodell, das der Großteil der Länder nutzt, verteuert nach seiner Aussage systematisch die Steuer für Wohngrundstücke und macht Gewerbegrundstücke günstiger. Die Erkenntnis seiner Stadt nach Vorliegen zahlreicher Steuermessbescheide zeige sich derzeit auch in anderen Kommunen, sagte er.

Sachsen und das Saarland hätten das Problem frühzeitig erkannt und in ihren Landesgesetzen die Grundsteuermesszahlen für Gewerbegrundstücke erhöht. Auch Berlin steuere jetzt gegen. Badenschier forderte, auch in Mecklenburg-Vorpommern „die Notbremse“ zu ziehen. Er kündigte dazu für Mittwoch kommender Woche ein Gespräch des Städte- und Gemeindetages Mecklenburg-Vorpommern mit Finanzminister Heiko Geue und Innenminister Christian Pegel (beide SPD) an.

Die neue Grundsteuer wird ab 2025 fällig. Dem Bundesmodell zur Ermittlung der Werte folgen alle Länder bis auf Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Niedersachsen und Hamburg, dabei aber teils in modifizierter Form.