Mecklenburg-Vorpommern

Er nahm Honecker bei sich auf – Nordkirchen-Pastor gestorben

| Lesedauer: 3 Minuten
Die Erlebnisse mit Erich Honecker schrieb Uwe Holmer (hier im Januar 2015 in seinem Wohnhaus in Serrahn) in einem Buch auf.

Die Erlebnisse mit Erich Honecker schrieb Uwe Holmer (hier im Januar 2015 in seinem Wohnhaus in Serrahn) in einem Buch auf.

Foto: Bernd Wüstneck / picture alliance / dpa

Uwe Holmer gewährte dem gestürzten DDR-Staatschef Erich Honecker und dessen Frau Margot Anfang der 90er Asyl. Jetzt ist er tot.

Serrahn/Berlin. Der durch sein Asyl für den abgesetzten DDR-Staatschef Erich Honecker bekannt gewordene evangelische Theologe Uwe Holmer ist tot. Er starb im Alter von 94 Jahren, wie ein Sprecher der Nordkirche am Dienstag unter Berufung auf Angaben des Diakoniewerks im mecklenburgischen Serrahn (Landkreis Rostock) am Dienstag sagte. Holmer hatte Erich und Margot Honecker vom 30. Januar bis zum 3. April 1990 in seinem Pfarrhaus in Lobetal bei Berlin aufgenommen. Die damalige DDR-Regierung hatte keine andere Möglichkeit zum Schutz des gestürzten Staats- und Parteichefs vor Gewalt gesehen.

Holmer leitete damals die Hoffnungstaler Anstalten im brandenburgischen Lobetal, die 1905 als Arbeiterkolonie für obdachlose Berliner gegründet worden waren und in denen rund 650 Beschäftigte mehr als 1000 Behinderte, Senioren und Suchtkranke betreuten. Für zehn Wochen beherbergte Holmer dort Honecker (1912-1994) und dessen Frau Margot (1927-2016).

Honeckers Kirchenasyl machte Pastor Holmer berühmt

Honecker war als Nachfolger Walter Ulbrichts ab 1971 Erster Sekretär und ab 1976 Generalsekretär des Zentralkomitees der SED der DDR. Seine Frau Margot Honecker war ab 1963 Ministerin für Volksbildung. Nachdem sich 1989 eine stark wachsende Oppositions- und Protestbewegung gebildet hatte, mussten beide im Oktober 1989 ihre Ämter abgeben. Das Wohnrecht in der Funktionärssiedlung in Wandlitz verloren die Honeckers. Staatliche Stellen der DDR sahen sich nicht in der Lage, eine sichere Unterkunft für das Ehepaar zu finden. Die Honeckers waren damit obdachlos.

Das Kirchenasyl machte Pastor Uwe Holmer berühmt, brachte ihm aber auch eine Menge Anfeindungen und Hass ein. Holmer selbst rechtfertigte den Schritt später. Er habe getan, was sein Gewissen und sein Glaube ihm vorschrieben: „Ja, ich würde es heute wieder tun“, sagte Holmer etwa anlässlich seines 85. Geburtstags 2014.

Uwe Holmer hatte es nicht leicht in der DDR

Holmer selbst hatte in seinem Leben einiges wegzustecken. Aufgewachsen in einer gläubigen, christlichen Familie in Wismar, hatte er als junger Pastor in Leussow bei Ludwigslust seinen Unmut über die Zwangskollektivierung in der Landwirtschaft deutlich zum Ausdruck gebracht. Daraufhin durften ihn seine Eltern und seine Geschwister aus Westdeutschland ein Jahr lang nicht besuchen.

Mehr zum Thema

Später bekamen auch seine Kinder zu spüren, was es hieß, als Christen in der atheistisch geprägten DDR zu leben: Sieben seiner zehn Kinder durften nicht zur Oberschule und waren damit vom Abitur ausgeschlossen – trotz guter Zensuren. Doch Versöhnung blieb Holmer wichtiger als Vergeltung.

Liefers verfilmte Holmers Honecker-Geschichte

Die Zeit der Honeckers im Kirchenasyl kam im vergangenen Jahr auch ins Fernsehen. „Honecker und der Pastor“ wurde Mitte März 2022 im ZDF und auf Arte ausgestrahlt. Regisseur war der Schauspieler und „Tatort“-Star Jan Josef Liefers, das Drehbuch stammt von Fred Breinersdorfer.

Erich Honecker wird in dem Film von Edgar Selge gespielt, seine Frau Margot von Barbara Schnitzler. Hans-Uwe Bauer verkörpert Pastor Uwe Holmer. Gedreht wurde in den Babelsberger Studios und der Umgebung von Potsdam, nicht jedoch in Lobetal, am historischen Ort des Geschehens.