Schwerin/Berlin (dpa/mv). Erstmals steht ein AfD-Politiker in einer deutschen Landeshauptstadt in der OB-Stichwahl. In Schwerin tritt AfD-Landeschef Leif-Erik Holm gegen Amtsinhaber Rico Badenschier an.

Die Chancen für den Schweriner Oberbürgermeister Rico Badenschier (SPD) auf eine zweite Amtszeit wachsen. Am Montagabend empfahl auch die CDU, in der Stichwahl am 18. Juni für ihn zu stimmen. Der Amtsinhaber tritt gegen den AfD-Landesvorsitzenden Leif-Erik Holm an, der mit 27,4 Prozent die zweitmeisten Stimmen im ersten Wahlgang am Sonntag erhalten hatte. Linke und Grüne hatten die Empfehlung für Badenschier schon am Sonntagabend gegeben. Ihre Kandidaten hatten jeweils einstellige Ergebnisse erreicht. Badenschier hatte 42 Prozent erhalten. Mit Holm steht erstmals ein AfD-Politiker in einer deutschen Landeshauptstadt in der OB-Stichwahl.

Der CDU-Kreisvorstand habe seine Wahlempfehlung für Badenschier nach intensiver Diskussion am Montagabend einstimmig gefasst, sagte der Kreisvorsitzende Jascha Dopp der Deutschen Presse-Agentur. Die Entscheidung sei nach dem engagierten Wahlkampf des von CDU, FDP und Unabhängigen Bürgern unterstützten parteilosen Kandidaten Thomas Tweer (17,1 Prozent) nicht leicht gewesen. „Doch jetzt geht es um die Zukunft von Schwerin“, sagte Dopp. Der AfD-Landesvorsitzende Leif-Erik Holm dulde Rechtsextreme in seiner Partei. Es sei klar, dass die CDU solch eine Person nicht unterstützen könne.

Der Einzug des AfD-Politikers Holm in die OB-Stichwahl sorgt für Aufsehen über die Grenzen von Mecklenburg-Vorpommern hinaus. Das Internationale Auschwitz Komitee zeigte sich am Montag alarmiert. Exekutiv-Vizepräsident Christoph Heubner erklärte in Berlin: „Für Überlebende des Holocaust ist das Erstarken der AfD in Deutschland auch im Zusammenhang der Popularisierung rechtsextremer Hasswelten in Europa eine besondere Herausforderung.“

Der Politikwissenschaftler Wolfgang Muno von der Universität Rostock ist von Holms Erfolg nicht überrascht, wie er der Deutschen Presse-Agentur sagte. Der AfD-Landesvorsitzende habe von seiner Bekanntheit profitiert. Er sei einer der bekanntesten Politiker im Bundesland und gebürtiger Schweriner. Skandale um die AfD in MV habe es in jüngster Zeit nicht gegeben. Außerdem sei Holm ein geschickter Kommunikator und Demagoge, was ihm im Straßenwahlkampf genutzt habe.

Überdies habe er die Diskussion über das Erscheinungsbild der Bundesregierung, die sich in den letzten Wochen und Monaten nicht gerade mit Ruhm bekleckert habe, in die Hände gespielt, so Muno. In erster Linie seien OB-Wahlen aber Personenwahlen, betonte der Politikwissenschaftler. Für die Stichwahl sieht er angesichts der Wahlempfehlungen für Badenschier kaum Siegchancen für Holm.

Der frühere Radiomoderator und heutige Bundestagsabgeordnete Holm war lokalpolitisch in Schwerin bis zum Wahlkampf kaum in Erscheinung getreten. Für den CDU-Generalsekretär in MV, Daniel Peters, offenbart das Wahlergebnis eine hohe Frustration bei den Bürgern, die nicht nur mit kommunalen Themen begründet sei. „Die Murks-Politik der Ampelkoalition in Berlin, die den Wohlstand vieler Menschen angreift, wird ein wesentlicher Grund für das Wahlverhalten Vieler gewesen sein, von dem der rechte Rand derzeit profitiert“, hatte Peters am Sonntagabend gesagt.