Schwerin (dpa/mv). Ginge es nach dem Landtag, gehörte die Klimaschutzstiftung MV längst der Vergangenheit an. Doch deren Auflösung erweist sich für die damit beauftragte Landesregierung als schwierig. Die CDU wird ungeduldig. Zudem geben neue Berichte der Debatte um die Stiftung weiter Nahrung.

Die CDU hat die fortwährende Hängepartie um die Auflösung der Klimaschutzstiftung MV beklagt und Regierungschefin Manuela Schwesig (SPD) aufgefordert, Farbe zu bekennen. Bereits im März 2022 habe der Landtag mit einer breiten, überfraktionellen Mehrheit das Ende der maßgeblich mit Geld aus Russland finanzierten Stiftung beschlossen und Schwesig habe dies kurz darauf noch einmal öffentlich bekräftigt. „Die Ministerpräsidentin muss erklären, ob sie den klaren Beschluss des Landtages noch umsetzen kann oder will“, verlangte der CDU-Abgeordnete Sebastian Ehlers in einer am Mittwoch in Schwerin verbreiteten Mitteilung. Das Parlament habe ein Recht darauf zu erfahren, wie mit seinen Beschlüssen umgegangen wird. Medienberichte vom Mittwoch warfen neue Fragen zur Arbeit der Stiftung und zum Wirken der Landesregierung auf.

Ursprünglich sollte die Stiftung, die Anfang 2021 vorwiegend mit dem Ziel gegründet worden war, die russisch-deutsche Gaspipeline Nord Stream 2 fertigzustellen, schon im Vorjahr ihre Arbeit einstellen. Allerdings steht der dafür nötige und mit der Landesregierung auch vereinbarte Rücktritt des Vorstandes um den früheren Ministerpräsidenten Erwin Sellering (SPD) noch aus.

Nach Ansicht Sellerings lässt das Stiftungsrecht eine Auflösung nicht zu. Er will, nachdem der wirtschaftliche Teil der Stiftung als Reaktion auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine bereits im Vorjahr aufgelöst wurde, die Projekte zum Umwelt- und Klimaschutz weiterführen lassen. Dieses Stiftungsziel bestehe weiter und zur Umsetzung stünden noch viele der von Nord Stream 2 eingezahlten 20 Millionen Euro Stiftungsgeld bereit, argumentiert Sellering.

„Herr Sellering denkt weiterhin nicht daran zurückzutreten und Frau Schwesig unternimmt nicht einmal den Versuch, das Verhalten ihres politischen Ziehvaters auch nur zu missbilligen“, kritisiert Ehlers. Das Image Mecklenburg-Vorpommerns habe durch das Agieren der Ministerpräsidentin „erheblichen Schaden genommen“.

Schwesig und einige ihrer Minister stehen wegen der offenkundigen Unterstützung russischer Interessen beim Bau der umstrittenen Gasleitung Nord Stream 2 massiv in der Kritik. Im Zentrum steht dabei die Klimastiftung MV, die gegründet wurde, um US-amerikanische Sanktionsdrohungen gegen am Bau beteiligte Unternehmen zu umgehen. Der Bau der Pipeline wurde abgeschlossen, doch ging sie wegen der russischen Aggression gegen die Ukraine nicht in Betrieb.

Die Landesregierung hatte unter anderem eingeräumt, dass von russischer Seite direkt Einfluss auf die Stiftungssatzung genommen wurde. Einem Schriftwechsel aus der Staatskanzlei zufolge, über den die „Schweriner Volkszeitung“ am Mittwoch berichtete, drängte Nord Stream bereits 2016 darauf, dass die damals von Sellering geführte Landesregierung „ein starkes Signal“ für das Projekt sende. Dies sei in Form eines Kabinettsberichts dann auch geschehen. Einen Kabinettsbeschluss dazu mit deutlich mehr Gewicht gab es laut Staatskanzlei seinerzeit allerdings nicht.

Seit Monaten bringen Medien immer neue Details zum Vorschein, auf welchen Wegen das zum russischen Staatskonzern Gazprom gehörende Pipeline-Unternehmen versuchte, sich in Schwerin politische Unterstützung zu sichern. Der Landtag richtete auf Betreiben der Opposition einen Sonderausschuss ein, der die Vorgänge untersucht.

Einem NDR-Bericht, demzufolge ein Briefwechsel darauf schließen lassen könnte, dass die Landesregierung entgegen ihren Beteuerungen doch Einfluss auf die wirtschaftliche Betätigung der Stiftung nahm, widersprach die Staatskanzlei. „Es bleibt dabei: Die Landesregierung hat keinen Einfluss auf das operative Geschäft des Geschäftsbetriebs der Stiftung Klima- und Umweltschutz genommen“, versicherte Regierungssprecher Andreas Timm. Die Regierung habe sich auch nicht in die im Beitrag erwähnten Gespräche zwischen einer Rostocker Hafenlogistik-Firma mit der Klimaschutzstiftung und der Stadt Rostock eingeschaltet. Dies habe die Stiftung ausdrücklich bestätigt.

FDP-Landtagsfraktionschef René Domke nahm die neuen Berichte zum Anlass, um seine „tiefe Besorgnis über die wiederholten unglaubwürdigen Aussagen der vorherigen und jetzigen Landesregierung zum Ausdruck zu bringen“. Die Frage, wer wen instrumentalisierte, stelle sich für ihn nicht mehr. „Die Landesregierung lenkte nicht, sondern sie wurde gelenkt“, ließ Domke in einer Mitteilung verlauten. Er forderte die Landesregierung auf, für eine gründliche Aufklärung zu sorgen.

Auch der Grünen-Abgeordnete Hannes Damm beklagte Mangel an Aufklärungswillen. Die gezielte Einflussnahme auf Kabinettsvorlagen zeige das Ausmaß der Verstrickungen zwischen Nord Stream 2 und Landesregierung. „Ein russischer Staatskonzern saß bei Entscheidungen der Landesregierung quasi mit am Kabinettstisch“, resümierte Damm. Die Landesregierung habe sich als Wunscherfüller in die Dienste der Pipeline-Bauer begeben. Was unter Sellering als Ministerpräsidenten begonnen habe, sei von seiner Nachfolgerin Manuela Schwesig offenbar nahtlos weitergeführt worden, so Damm. Regierungssprecher Timm wiederum warf Damm vor, wiederholt mit falschen Behauptungen und Unterstellungen zu agieren.