Grevesmühlen (dpa/mv). Den Bau einer Flüchtlingsunterkunft im mecklenburgischen Upahl will die Gemeinde per Bebauungsplan verhindern. Zuvor gab es wochenlange Proteste gegen die Pläne des Kreises Nordwestmecklenburg.

Die Pläne des Kreises Nordwestmecklenburg zum Bau einer Flüchtlingsunterkunft im mecklenburgischen Upahl will die Gemeinde nach wochenlangen Protesten nun über das Baurecht verhindern. Die Gemeinde änderte den Bebauungsplan am Mittwoch entsprechend. In dem Ort mit rund 500 Einwohnern gibt es seit Wochen Proteste gegen die Pläne zum Bau einer Unterkunft für 400 Geflüchtete.

Wie Landrat Tino Schomann (CDU) am Abend im Kreistag in Grevesmühlen mitteilte, werde der Kreis die Beschlüsse prüfen und sich in der kommenden Woche äußern. Zum jetzigen Zeitpunkt könne er dazu noch nichts sagen, Schomann will sich in der Frage eng mit dem Innenministerium abstimmen.

Nach einem Beschluss der Gemeindevertretung vom Mittwoch ist der Bau einer Flüchtlingsunterkunft auf der bisher dafür vorgesehenen Fläche voraussichtlich ab kommender Woche nicht mehr zulässig, dies bestätigte das zuständige Bauamt am Donnerstag in Grevesmühlen. Die Gemeindevertreter beschlossen einstimmig eine entsprechende Änderung eines Bebauungsplans inklusive einer sogenannten Veränderungssperre. Zuvor hatte das Verwaltungsgericht Schwerin den Bau auf Initiative der Gemeinde bereits temporär gestoppt. Als Grund nannte das Gericht eine fehlende Baugenehmigung. Diese will der Kreis nachreichen.

Die AfD-Fraktion im Landtag unterstützt das Vorgehen der Gemeinde Upahl. Die Idee, Unterkünfte für Asylbewerber per Baurecht zu verbieten, könne durchaus als richtungsweisend angesehen werden und zeige, dass die kommunale Ebene „dem Diktat von Land und Bund“ nicht völlig ausgeliefert sei – wenn die Kommunen denn wollten, sagte Jens-Holger Schneider, kommunalpolitischer Sprecher der Fraktion.

Aus Sicht des Innenministeriums in Schwerin wird die Gemeinde den Bau durch die Änderung des Bebauungsplans nicht dauerhaft verhindern können. „Nur aus sogenannten städtebaulichen Gründen“ könne eine Gemeinde eine Ausnahmegenehmigung zum Bau von Flüchtlingsunterkünften verweigern, teilte das Ministerium mit. Hierbei bezog sich die Behörde auf die Auslegung des Baugesetzes durch Gerichte. Politische Gründe sind der Darstellung nach nicht gültig.

Wie das Innenministerium mitteilte, ist laut Gesetzeslage das zuständige Bauamt befugt, bei einer fehlenden Zustimmung der Gemeinde diese als gegeben zu erklären. Hierbei helfe auch eine Regelung der Bundesregierung aus den Jahren 2015 und 2016, die den Bau von Unterkünften erleichtern sollte. Sie kehrt die sonst geltenden Vorgaben um: Der Bau von Unterkünften in Gewerbegebieten ist grundsätzlich erlaubt - außer es sprechen triftige Gründe dagegen. Diese Regelung ist laut Ministerium vom Bund erneut in Kraft gesetzt worden.

Auch der Städte- und Gemeindetag im Land ist der Ansicht, dass eine „reine Verhinderungsplanung von Flüchtlingsunterkünften“ rechtlich problematisch sein dürfte. Grundsätzlich will der Verband die Entscheidung aber nicht rechtlich bewerten. Die Kommunalvertreter sehen weiter das Land und den Bund in der Pflicht, die nötigen Bedingungen für die Unterbringung Geflüchteter zu schaffen. Ob weitere Gemeinden den Weg Upahls in der Frage von Flüchtlingsunterkünften gehen werden, sei nicht abzusehen.

Schomann richtete am Donnerstag im Landkreis auch Vorwürfe gegen Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD). Diese habe im NDR eine zuvor schriftlich erteilte Zustimmung des Landes zum Bau der Flüchtlingsunterkunft für 400 Personen aus seiner Sicht mündlich widerrufen. Er bezog sich dabei auf die vom Land genehmigte Finanzierung für das Bauvorhaben in Upahl. Er habe sich daher an die Ministerpräsidentin gewandt, bisher jedoch noch keine Antwort erhalten.

Auf Antrag der Linksfraktion beschloss der Kreistag am Abend, eine Reduzierung der Größe der Flüchtlingsunterkunft in Upahl auf 200 Personen zu fordern. „Wir brauchen eine Reduzierung, wir müssen der Kommune ein klares Signal senden“, so der Linken-Abgeordnete Horst Krumpen. Die SPD betonte, dass dies jedoch nur möglich sei, wenn die anderen Gemeinden im Kreis sich solidarisch zeigen und weitere Kapazitäten bereitstellen. Die Grünen regten an, dass der Kreis statt auf Container künftig auf Bauweisen setzt, die eine bessere Nachnutzung ermöglichen.

Insgesamt sieht Schomann bei der Suche nach alternativen Standorten zu Upahl dem bisherigen Stand nach erste Lichtblicke. Es seien Vorschläge für die Nutzung weiterer Grundstücke im Kreis gesammelt worden und er habe die Hoffnung, Upahl schnell entlasten zu können.

Der kurzfristige Bedarf für zusätzliche Unterkünfte im Kreis besteht derweil weiter. Weil im gesamten Landkreis aktuell keine Kapazitäten mehr verfügbar sind, hat das Land die Verteilung von Geflüchteten nach Nordwestmecklenburg temporär eingestellt. Der Kreis müsse die Quote jedoch dem Innenministerium zufolge im Nachhinein erfüllen.

Die Kreistagssitzung wurde auch am Donnerstag erneut von Protesten der Bürger Upahls begleitet. Dies war auch bei den vergangenen Sitzungen der Fall, hier kam es teils zu tumultartigen Szenen. Nach Angaben der Polizei waren am Donnerstag in der Spitze über 200 Menschen vor Ort - lautstark aber friedlich. Auch für den Freitag ist in Grevesmühlen eine Demonstration auf dem Marktplatz geplant.