Grevesmühlen/Upahl (dpa/mv). Die Bürgerversammlung zur geplanten Flüchtlingsunterkunft im mecklenburgischen Ort Upahl hat die Sorgen der Bürger nicht ausräumen können. Der Frust sitzt tief, auch wegen eines - aus Sicht der Bürger - intransparenten Prozesses.

Die Bürger des mecklenburgischen 500-Seelen-Orts Upahl bleiben gegenüber der geplanten Flüchtlingsunterkunft kritisch. „Das ist das beste Beispiel, wie man es nicht machen soll“, beschreibt Bürgermeister Steve Springer nach der Bürgerversammlung am Freitag in Grevesmühlen den bisherigen Umgang der Verantwortlichen mit den Menschen vor Ort. Dies habe ihn tief enttäuscht, er sei aber guter Hoffnung, dass es nun besser werde.

Die Enttäuschung war auch bei seinen Mitbürgerinnen und Mitbürgern am Abend spürbar, wiederholt äußerten sie ihren Unglauben gegenüber den Argumenten der Verantwortlichen. Aus Sicht der Bürger droht den Menschen durch die Unterbringung von 400 Asylsuchenden eine Verschlechterung der Sicherheit vor Ort. Die Menschen äußerten die Sorge, dass Frauen, Kinder und Jugendliche sich in Zukunft nicht mehr frei im Ort bewegen können.

Uwe Oertel, Leiter der Polizeiinspektion Wismar, beteuerte, dass die bisherige Erfahrung mit den Geflüchteten hierfür keine Anhaltspunkte gebe. Dennoch stellte er auch fest: „Die Unsicherheit kann ich Ihnen nicht nehmen“.

Dafür, dass er recht hat, spricht das Beispiel Jördenstorf im Landkreis Rostock, hier ist das Verhältnis zwischen der Kapazität der dortigen Unterkunft und der Einwohnerzahl mit 1 zu 3 ebenfalls hoch. Dennoch heißt es von den Verantwortlichen: „Aus Sicht des Landkreises und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern vor Ort, hat das reine Zahlenverhältnis nur wenig Aussagekraft über das Zusammenleben zwischen Ortsansässigen und untergebrachten Geflüchteten.“ Den Umgang beschreibt eine Sprecherin als „überwiegend unkompliziert“. Über den Zusammenhalt entscheiden statt dem Zahlenverhältnis demnach vielmehr menschliche und soziale Aspekten.

Davon, die Situation erst einmal abzuwarten, sind die Bürger in Upahl jedoch noch weit entfernt. Das Misstrauen gegenüber den Offiziellen wird am Freitag deutlich geäußert, immer wieder gibt es Zwischenrufe. Das gilt auch für Landrat Tino Schomann (CDU) und dessen Versprechen, die Einrichtung in Zukunft nicht zu erweitern. „Wer glaubt das?“, schallt es durch den Raum. Insgesamt fühlen sich die Menschen von der Politik nicht mitgenommen, ihre Anliegen nicht beachtet. Das Geld für die Unterkunft für Geflüchtete wäre in der Infrastruktur vor Ort besser investiert, heißt es.

Aufgrund des - aus Sicht der Upahler - intransparenten Prozesses sitzt der Frust Tief. Die Bürger haben erst vor einer Woche von den Plänen erfahren und fühlen sich überrumpelt. Damit sind sie nicht allein: Aussagen des Landrats zufolge bemüht sich der Kreis zwar schon seit Sommer letzten Jahres um einen Standort für eine neue Einrichtung. Auf die betreffenden Bürgermeister infrage kommender Gemeinden kamen die Verantwortlichen laut dem Kreisverband des Städte- und Gemeindetags jedoch erst Anfang 2023 zu. Der Kreistag erfuhr von der Entscheidung für Upahl laut Aussagen am Donnerstag ebenfalls nicht vorab, sondern gemeinsam mit den Betroffenen.

Vertreter des Landkreises machten in der Veranstaltung deutlich, dass weiter nach Alternativen gesucht werde, um Upahl schnell zu entlasten. Gesucht werde ein Grundstück mit 5000 Quadratmetern, um Unterkünfte für mindestens 200 Menschen - wenn möglich dauerhaft - zu errichten. Auch versuchte der Kreis zu verdeutlichen, wie sehr sich die Situation seit 2021 verändert hat. Kamen damals den Angaben nach 15 Menschen pro Monat, rechnen die Behörden nun mit künftig bis zu 20 Asylsuchenden pro Woche. Der private Wohnungsmarkt sei zudem durch den Bedarf der Geflüchteten aus der Ukraine leer gefegt.

Maike Frey vom Deutschen Roten Kreuz warb zudem für Verständnis und Mitgefühl. Die aktuelle Unterbringung in Turnhallen sei nicht optimal, es sei eng, die Menschen hätten keine Privatsphäre, keine Möglichkeit für Freizeitgestaltung: „Integration kann in einer Turnhalle ganz schlecht umgesetzt werden“.

Vor dem Gebäude demonstrierten Polizeiangaben zufolge etwa 50 bis 70 Menschen lautstark mit Parolen und Megafon. Auch „Lügenpresse“-Rufe waren zu hören. Der Einlass in die Veranstaltung war nur denjenigen gestattet worden, die sich als Bürger von Upahl ausweisen konnten.