Schwerin (dpa/mv). In MV soll es mehr Mathematik- und Deutschstunden in der Grundschule geben. Außerdem soll nach dem Vorbild Hamburgs eine tägliche feste Lese-Übezeit in den Grundschulunterricht integriert werden. Auch ein Sprachtest in der Kita ist geplant. Wie kommen diese Pläne an?

Nach schlechten Leistungstests deutscher Grundschüler hat Bildungsministerin Simone Oldenburg (Linke) Konsequenzen für Mecklenburg-Vorpommern angekündigt. So soll in der Kita ein Sprachtest eingeführt werden, um sicherzustellen, dass die Kinder sprachlich ausreichend fit in die Schule kommen. Wie das Ministerium am Freitag weiter mitteilte, soll in den ersten vier bis sechs Schulwochen bei jedem Erstklässler festgestellt werden, welche individuellen Lernvoraussetzungen er oder sie hat. Zuvor finde eine Willkommenswoche statt. Vor allem Kinder, bei denen zu Hause nicht Deutsch gesprochen wird, haben oft Probleme beim Schulstart, weil sie die Lehrer nicht verstehen.

Künftig soll es mindestens zwei Stunden mehr Mathematik- und Deutschunterricht in der Grundschule geben, wie eine Ministeriumssprecherin auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mitteilte. „Derzeit findet eine hausinterne Abstimmung statt, wie eine Erhöhung der Gesamtstundenzahl umgesetzt werden kann.“ Nach dem Vorbild Hamburgs soll zudem eine tägliche feste Lesezeit zum Üben ab dem Schuljahr 2024/25 in den Unterricht integriert werden. Hamburg hat damit nach eigenen Angaben seinen Rückstand in der Lesekompetenz der Grundschüler abgebaut.

In Hamburg gibt es eine regelmäßige, mindestens 20 Minuten lange Lesezeit, in der die Leseflüssigkeit trainiert, der Wortschatz auf- und ausgebaut sowie die Lesemotivation gesteigert wird - egal, welches Fach auf dem Stundenplan steht. Dabei würden unterschiedliche Lautlese-Verfahren eingesetzt, darunter das Lesen der ganzen Klasse im Chor. Diese Methoden nützten allen Kindern, erzielten aber besonders große Wirkungen bei Kindern aus bildungsfernen Familien.

Die Familien der Schulanfänger in MV erhalten laut Schweriner Ministerium künftig einen Wegweiser mit dem Titel „Mein Kind kommt in die Schule“. Er enthält Ratschläge, wie die Eltern grundlegende sprachliche, mathematische und sozial-emotionale Kompetenzen ihrer Kinder im Alltag fördern können.

Die bundesweite Vergleichsstudie IQB-Bildungsmonitor für das Jahr 2021 hatte gezeigt, dass Viertklässlerinnen und Viertklässler in Deutschland zunehmende Rechtschreib-, Lese- und Matheprobleme haben und im Vergleich zu Viertklässlern vor zehn Jahren deutlich zurückgefallen sind. Der Analyse zufolge verfehlten zwischen 18 und 30 Prozent der Viertklässler in den Bereichen Lesen, Zuhören und Orthografie das Ziel. Aus MV flossen keine Ergebnisse ein, da nicht genügend Schulen teilgenommen hatten.

Aus der Opposition kam Kritik an der Politik von Bildungsministerin Simone Oldenburg (Linke). Der bildungspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Torsten Renz, sagte: „Dass für Willkommenswochen und Lernstandserhebungen künftig die ersten beiden Monate des ersten Schuljahres fast komplett genutzt werden sollen, deutet darauf hin, dass die Ministerin davon ausgeht, dass ein großer Teil der Schülerinnen und Schüler noch gar nicht beschulbar ist.“ Der angekündigte Weg werde zulasten des Fachunterrichts gehen. „Früher konnten die Erstklässler zu den Weihnachtsferien lesen, zukünftig werden sie sich und ihre Schule kennengelernt haben.“

Der AfD-Bildungspolitiker Enrico Schult forderte einen „echten Befreiungsschlag“. Die Schulen müssten zu Inhalten, regelmäßigem Üben und zum Motivieren der Kinder für das Eigentliche - Lesen, Schreiben, Rechnen - zurückfinden.