Schwerin (dpa/mv). Wenige Großbetriebe und geringe Tarifbindung - die Einkommen der Beschäftigten in Mecklenburg-Vorpommern hinken weiter deutlich hinter denen ihrer Kollegen im Westen hinterher. Die Landesregierung dringt auf Besserung. Die Methode ist umstritten.

Mit einer Änderung des Gesetzes zur Vergabe öffentlicher Aufträge will die Landesregierung Impulse setzen, um Mecklenburg-Vorpommern aus dem Lohnkeller zu holen. Im ersten Quartal 2023 werde die Landesregierung dazu ein Tariftreuegesetz vorlegen, kündigte Wirtschaftsminister Reinhard Meyer (SPD) am Donnerstag im Landtag in Schwerin an. Künftig sollten Aufträge und Konzessionen öffentlicher Einrichtungen nur noch an Unternehmen gehen, die ihren Mitarbeitern Tarif- oder tarifähnliche Löhne zahlen.

Die Zeit, in denen Mecklenburg-Vorpommern mit Niedriglöhnen geworben habe, sei vorbei. „Es lohnt sich kein Wirtschaftskonzept, das allein auf dem Mindestlohn basiert“, sagte Meyer unter Hinweis auf den zunehmenden Mangel an Fachkräften. Gegenwärtig laufe die Ressortanhörung zum Gesetz-Entwurf, der voraussichtlich im Februar vorliegen werde.

Einer Mitteilung des Statistikamtes zufolge arbeiteten im April 2022 im Land immer noch 152.000 und damit 24 Prozent aller abhängig Beschäftigten im sogenannten Niedriglohnsektor mit Stundenlöhnen unter 12,50 Euro. Erhebungen zufolge verdienen Arbeitnehmer in Mecklenburg-Vorpommern etwa 15 Prozent weniger als etwa ihre Kollegen im benachbarten Schleswig-Holstein.

Kritik am Vorhaben der rot-roten Landesregierung kam von AfD, CDU und FDP. Der CDU-Abgeordnete Wolfgang Waldmüller warf der Koalition vor, die Belange der Wirtschaft auszublenden. „Die Entwicklung von Löhnen und Gehältern kann nur mit der Wirtschaft funktionieren und nicht gegen sie“, sagte er. Waldmüller warnte davor, „Entscheidungen aus dem Elfenbeinturm“ zu treffen: „So funktioniert kein freies Unternehmertum.“

Thomas de Jesus Fernandes äußerte Zweifel, dass das geplante Tariftreue-Gesetz mit Vorgaben der EU konform gehe. Sabine Enseleit (FDP) forderte die Landesregierung auf, positive Signale für Investoren zu setzen, wie etwa die Stärkung der Innovationskraft der Hochschulen. „Stattdessen wird dort gespart“, beklagte sie.

Henning Foerster (Linke) verteidigte die Pläne der rot-roten Landesregierung: „Ein Tarifvertrag bedeutet für einen Arbeitnehmer im Land bis zu 850 Euro je Monat mehr in der Brieftasche“, sagte er. Unterstützung kam von den Grünen. Es sei gut und richtig, dass die Regierung etwas für eine höhere Tarifbindung tue. „Mehr als 30 Jahre nach der Wiedervereinigung hinkt der Verdienst von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in den östlichen Bundesländern immer noch denen im Westen hinterher“, konstatierte Jutta Wegner (Grüne). Als wesentlichen Grund nannte sie die geringere Tarifbindung. „So gelten im Einzelhandel in Ostdeutschland für nur noch 25 Prozent Tarife“, sagte Wegner.

Wirtschaftsminister Meyer verwies auf Änderungen bei der Investitionsförderung zugunsten von Unternehmen mit guten Löhnen. So würden im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur Firmen, die an einen Tarifvertrag gebunden sind, um fünf Prozentpunkte höhere Fördersätze erhalten.