Schwerin/Kiel (dpa/mv). Die Lage scheint besser als die allgemeine Stimmung. In kaum einem anderen Bundesland ging im September die Arbeitslosigkeit so stark zurück wie in Mecklenburg-Vorpommern. Doch auf dem Stand von vor der Corona-Krise ist der Arbeitsmarkt im Nordosten noch nicht wieder.

Die saisonal übliche Herbstbelebung am Arbeitsmarkt hat in Mecklenburg-Vorpommern zu einem spürbaren Rückgang der Arbeitslosenzahl geführt. Wie die Regionaldirektion Nord der Bundesagentur für Arbeit am Freitag mitteilte, waren im September im Nordosten rund 59.000 Menschen arbeitslos gemeldet. Das waren gut 2400 weniger als im August. Der Rückgang zum Vormonat war im Ländervergleich mit 4 Prozent der zweithöchste, knapp hinter Schleswig-Holstein (4,1). Stichtag der Erhebung war der 12. September.

Dennoch verzeichnet Mecklenburg-Vorpommern mit 7,3 Prozent weiterhin die dritthöchste Arbeitslosenquote in Deutschland. Im August hatte sie noch bei 7,6 Prozent gelegen. Bei insgesamt knapp 2,5 Millionen Arbeitslosen betrug die Quote bundesweit 5,4 Prozent. Diesem Wert schon recht nahe kam erneut der Landkreis Rostock, der mit 5,5 Prozent die landesweit niedrigste Quote aufwies. Am höchsten war sie laut Statistik in Schwerin mit 8,9 Prozent.

Im Vergleich zum September 2021 gab es in Mecklenburg-Vorpommern allerdings 2800 Arbeitslose mehr. Als Hauptgrund dafür nannte der Chef der Regionaldirektion, Markus Biercher, den Übergang ukrainischer Flüchtlinge in die Grundsicherung. Inzwischen seien etwa 5000 Ukrainer in der Arbeitslosenstatistik erfasst. Die Zahl sei im September aber erstmals im Vergleich zum Vormonat wieder gesunken.

Nach Einschätzung Bierchers halten sich Betriebe angesichts der jüngsten Preisentwicklungen bei Neueinstellungen vielfach zurück. «Dennoch sehe ich den Arbeitsmarkt in einer recht robusten Verfassung», sagte er mit Verweis auf die Entwicklung bei den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten. Deren Zahl habe im Juli mit 582.400 um etwa 4000 höher gelegen als vor einem Jahr.

Neue Jobs seien insbesondere im Gastgewerbe, im Gesundheits- und Sozialwesen sowie in der Energie- und Entsorgungswirtschaft hinzugekommen. Es gebe rund 20.000 offene Stellen, 1600 mehr als im September 2021. «Die Zahl der Langzeitarbeitslosen ist im Vergleich zum Vorjahr um 3300 gesunken. Sie finden wieder häufiger eine Anstellung. Das ist sehr erfreulich», sagte Biercher. Die Zahl der arbeitslosen jungen Leute, die nach Ende des Lehrjahres regelmäßig nach oben geht, sei im Vergleich zum Vormonat um überdurchschnittliche elf Prozent gesunken.

«Auch wenn die Konjunkturprognosen derzeit nicht so rosig sind, so stimmen mich die Zahlen und die Ankündigungen der Politik zur Dämpfung der Energiepreise doch optimistisch», sagte Biercher. Er zeigte sich zuversichtlich, dass im Zuge einer anhaltenden Herbstbelebung auch im Oktober die Arbeitslosenzahlen weiter sinken.

Pessimistischer zeigte sich Henning Foerster von der Linksfraktion im Landtag: «Angesichts der mit der Energiekrise verbundenen großen Unsicherheiten besteht die Gefahr, dass die Arbeitslosenzahlen in den kommenden Monaten wieder steigen. Dann haben es vor allem die von Langzeitarbeitslosigkeit betroffenen Menschen besonders schwer, wieder am Arbeitsmarkt Fuß zu fassen», erklärte er. Die Ankündigung der Bundesregierung, im Etat die Leistungen zur Eingliederung in Arbeit um 609 Millionen Euro zu kürzen, ließen nichts Gutes erwarten.

Nach Einschätzung von Wirtschaftsminister Reinhard Meyer (SPD) machen die Folgen der Corona-Pandemie und die steigenden Energiepreise den Unternehmen und ihren Beschäftigten weiter zu schaffen. Die hohe Inflation, teilweise Lieferengpässe und auch steigende Zinsen ließen die Sorgen wachsen. Meyer verwies darauf, dass es weiterhin einen vereinfachten Zugang zur Kurzarbeit gebe. Anspruch bestehe schon, wenn in einem Betrieb zehn Prozent der Beschäftigten von Arbeitsausfall betroffen sind.

«Mit der Verlängerung werden Unternehmerinnen und Unternehmer entlastet, gleichzeitig ist die Fortführung des erhöhten Kurzarbeitergeldes auch ein Beitrag zur Sicherung der Arbeitsplätze bei uns im Land», sagte Meyer. Wachsende Energiekosten allein könnten aufgrund der Rechtslage aber keinen Anspruch auf Kurzarbeitergeld begründen. Der Minister rief die Unternehmen auf, die Beratungsangebote der Arbeitsagenturen zu nutzen.

Laut Arbeitsagentur Nord zeigten im September lediglich 35 Betriebe für 348 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte Kurzarbeit an. Die staatlichen Hilfen nutzten im Juni - neuere Zahlen liegen nicht vor - noch 122 Betriebe für 1200 Beschäftigte. Die höchste Kurzarbeiterzahl sei im April 2020 mit 87.100 Mitarbeitern in landesweit 12.900 Betrieben registriert worden.