Schwerin. Mit zehn Prozent liegt der Bevölkerungsanteil von Menschen mit Migrationshintergrund in Mecklenburg-Vorpommern zwar noch immer weit unter dem Bundesdurchschnitt. Doch ist die Zuwachsrate vergleichsweise hoch. Ein Landesgesetz soll bei der Integration helfen.

Mecklenburg-Vorpommern will mit einem Integrationsgesetz Eingliederung und Teilhabe von Menschen mit Migrationsgeschichte rechtlich regeln und damit auch die Rahmenbedingungen verbessern. "Wir sind ein weltoffenes Land und werden das mit dem Gesetz auch noch einmal deutlich machen", sagte Sozialministerin Stefanie Drese (SPD) am Freitag am Rande einer Fachtagung in Schwerin.

Die Beratung mit Vertretern von Verbänden, Vereinen, Initiativen und Kommunen bildete den Auftakt zu einem breiten Dialog bei der Erarbeitung des Gesetzes. Der Entwurf soll nach Angaben der Ministerin 2023 dem Landtag zur Beratung vorgelegt, das Gesetz dann möglichst Anfang 2024 wirksam werden.

Laut Drese hat sich der Bevölkerungsanteil der Menschen mit Migrationshintergrund im Nordosten in den zurückliegenden fünf Jahren auf etwa zehn Prozent mehr als verdoppelt. Das sei vor allem für die Kommunen mit Herausforderungen verbunden, bringe angesichts des demografischen Wandels und des zunehmenden Fachkräftemangels im Land aber auch Chancen. Erst am Mittwoch hatte Wirtschaftsminister Reinhard Meyer (SPD) an die Firmen im Land appelliert, verstärkt auch jungen Migranten Lehrstellen anzubieten. Drese sieht bei der beruflichen Integration auch den öffentlichen Dienst in der Pflicht. "Die Verwaltung muss eine Vorbildfunktion übernehmen", sagte sie.

Michael Hugo vom Rostocker Verein Migra nahm die Worte der Ministerin auf und forderte strukturelle Veränderungen. "Wenn inzwischen jeder zehnte Einwohner im Land Migrationshintergrund hat, muss sich das auch in den Behörden abbilden", sagte er. Bei der Polizei sei die Bereitschaft dazu bereits erkennbar. Die Aufnahme in die Wirtschaft bedürfe zusätzlicher staatlicher Hilfe. "Bei der Kleinteiligkeit unserer Firmen haben die wenigsten noch Kapazitäten, sich etwa um Sprachkurse zu kümmern", sagte Hugo.

Nach Ansicht Dreses muss es gelingen, Zugewanderte auch für ein Leben in ländlichen Regionen des Landes zu gewinnen. Dort sei die Bereitstellung von Wohnungen meist einfacher als in Ballungszentren und das Knüpfen persönlicher Kontakte schneller möglich. Dafür bräuchten Kommunen und Vereine aber auch gezielte Unterstützung, räumte die Ministerin ein, zeigte sich zugleich aber zuversichtlich, Regelungen dafür im Integrationsgesetz treffen zu können. Zudem verwies Drese darauf, dass der Integrationsfonds des Landes zur Unterstützung von Initiativen ab 2022 auf zwei Millionen Euro verdoppelt werden solle.

Nach Angaben von Cornelia Schu vom Sachverständigenrat für Integration und Migration haben bislang fünf Bundesländer Integrationsgesetze verabschiedet. "Die Musik spielt in den Ländern. So ist die Bildungspolitik ein zentraler Bestandteil der Integration und entscheidend für Chancengleichheit", betonte sie. Wichtig sei zudem die Schaffung stabiler Strukturen der Integrationshilfe in den Kommunen.

Die Grünenfraktion im Landtag begrüßte die Erarbeitung eines Integrations- und Teilhabegesetzes als wichtigen Schritt. "Wir geben Integration damit einen festen Raum in unserer Gesellschaft und schaffen einen Rahmen für bessere Teilhabechancen aller, die bei uns eine neue Heimat finden möchten", sagte Anne Shepley. Für die AfD-Fraktion forderte der Abgeordnete Jan-Phillip Tadsen einen breiten Diskurs, "der auch Probleme und kritische Stimmen stärker berücksichtigt". Zur Bestandsaufnahme gehöre auch Zuwandererkriminalität und das sprachliche und berufliche Scheitern trotz vorhandener Integrationsbemühungen.

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