Schwerin. Bei der Millionenförderung grüner Energie-Zukunftstechnologien zeichnet sich ein Ost-West-Verteilungskampf ab. MV fordert mit Nachdruck zwei der an den Küsten geplanten LNG-Terminals. Sie sollen später auf Wasserstoff umgerüstet werden.

Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) hat nach politischen Dämpfern wegen ihres langen Festhaltens an der Erdgasleitung Nord Stream 2 aus Russland in den Angriffsmodus zurückgefunden. Im Schweriner Landtag forderte sie am Mittwoch mit Nachdruck, dass der Osten Deutschlands beim Umbau der deutschen Energieversorgung stärker in den Blick genommen werden müsse.

Schwesig verlangte in der Aktuellen Stunde des Landtags zum Thema Energiesicherheit und Energiepreise die Errichtung von zwei LNG-Terminals in Rostock und Lubmin, mit der Perspektive einer Umrüstung auf Wasserstoff. In Lubmin starten Gasleitungen durch Ostdeutschland bis nach Tschechien. "Ich sag's ganz klar und deutlich: Es geht nicht, dass die Zukunftstechnologie - LNG-Übergang, aber vor allem Wasserstoff - an Standorten in Westdeutschland gefördert wird und nicht bei uns in Ostdeutschland, bei uns in Mecklenburg-Vorpommern."

Die ersten LNG-Terminals sollen in Brunsbüttel, Stade und Wilhelmshaven entstehen. Weitere Standorte sind im Gespräch, darunter Rostock und Lubmin.

Zudem forderte die Regierungschefin, Anstrengungen zu unternehmen, um einen Ausfall der Raffinerie in Schwedt (Brandenburg) infolge eines Ölembargos zu verhindern. Denn dann sei ein starker Preisanstieg für Kraftstoffe im Osten Deutschlands zu befürchten. "Eine Situation, in der die Benzinpreise in Ostdeutschland deutlich höher sind als im Westen, ist für uns nicht akzeptabel." Im Pendlerland MV gehe es um Existenzen. "Wir brauchen Preise, die sich die Menschen und die Wirtschaft leisten können." MV stehe bereit zu helfen, dass Öl über den Hafen Rostock nach Schwedt gebracht wird. Alles könne in Schwedt damit aber nicht ersetzt werden, warnte Schwesig.

Auch Wirtschaftsminister Reinhard Meyer (SPD) befürchtet ein Zurückbleiben des Ostens beim Energieumbau. "Das grün geführte Bundeswirtschaftsministerium ist aus meiner Sicht sehr westlastig", sagte er. Als Beispiel nannte Meyer einen Windkraft-Offshore-Dialog des Bundeswirtschaftsministers vor wenigen Wochen, bei dem nur Erfahrungsberichte aus Niedersachsen und Schleswig-Holstein vorgesehen gewesen seien. Erst nach Intervention im Bundesministerium sei es gelungen, auch über die Ostsee und Mecklenburg-Vorpommern zu sprechen.

Schwesig kündigte ein Landesprogramm für den Umstieg auf Öko-Energie in privaten Haushalten in Mecklenburg-Vorpommern an: "Wir werden ein eigenes, unbürokratisches Förderprogramm für private Haushalte auflegen für Photovoltaikanlagen und die Umrüstung von Öl- und Gasheizungen." Details, wie Umfang, Start und Förderbedingungen, nannte die SPD-Politikerin nicht.

Sie begrüßte, dass auch der Bund ein solches Programm vor allem für Öl- und Gasheizungen vorhabe. "Das wäre sehr passend, dass vom Bund was kommt und wir es als Land flankieren, weil gerade bei uns die Menschen kleinere und mittlere Einkommen haben", sagte Schwesig. "Deswegen wäre es gut, wenn wir das gemeinsam auf den Weg bringen und die Menschen hier im Land konkret unterstützen." Minister Habeck hatte am Dienstag bei einem Besuch in Thüringen angekündigt, dass Haushalte künftig einen finanziellen Anreiz bekommen sollen, wenn sie ihre Öl- oder Gasheizung auf erneuerbare Energien umstellen, etwa auf Wärmepumpen.

In der eineinhalbstündigen Aktuellen Stunde im Landtag hoben die Fraktionen unterschiedliche Aspekte der Energie-Situation hervor. Jeannine Rösler, Fraktionschefin der mitregierenden Linken, kritisierte, dass Rentner bei der einmaligen Energiepauschale von 300 Euro außen vor blieben. Auch Studenten gingen leer aus.

Die AfD als größte Oppositionsfraktion warf der Regierung vor, keinen Plan zur Reduzierung der Energiepreise zu haben. Auch die Versorgung sei nicht sicher. Die Grünen-Abgeordnete Jutta Wegner warf der Landesregierung vor, zu wenig für den Ausbau der Windkraft an Land in MV zu tun und das Zwei-Prozent-Ziel des Bundes bei der Flächenbereitstellung nicht nachdrücklich zu verfolgen.

Der CDU-Politiker Daniel Peters warf der Landesregierung vor, sich innerlich noch immer nicht von Nord Stream 2 verabschiedet zu haben. "Weder ist die Regierung bereit, sich nachdrücklich für niedrigere Steuern auf Energie einzusetzen, um die Bürgerinnen und Bürger von den drückend hohen Kosten zu entlasten, noch hat sie eine Vorstellung davon, wie die Energieversorgung der Zukunft rechtlich und technisch aussehen soll", erklärte er. Schwesig scheine Zeit gewinnen zu wollen. "Die Pläne für die energiepolitische Rehabilitierung Russlands, sobald die Waffen schweigen, sind ganz sicher bereits fertig." Der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion, David Wulff, forderte, die Energiewende müsse gut moderiert werden, damit die Kosten nicht explodieren. Der Preisdruck sei aber auch wichtig, um Innovationen und die Umstellung auf klimaschonende Alternativen voranzutreiben.

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