Neubrandenburg. Im Oktober 2021 erlitt eine junge Frau in Neubrandenburg schwere Brandverletzungen. Stunden später wurde ein Polizist verhaftet. Das Urteil im Prozess: elf Jahre Haft wegen versuchten Mordes.

Im Prozess um eine in Brand gesetzte Frau hat das Landgericht Neubrandenburg einen Polizisten zu elf Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Der 56-Jährige aus dem Landkreis Rostock sei des versuchten Mordes und der gefährlichen Körperverletzung schuldig, sagte Richterin Daniela Lieschke am Dienstag.

Hintergrund war laut Landgericht, dass der Mann, der seit mehr als 30 Jahren bei der Kriminalpolizei arbeitete, eine Vaterschaftsklage des 33-jährigen Opfers aus Neubrandenburg wegen einer gemeinsamen Tochter verhindern wollte. "Sie wollten so vermeiden, dass Ihr berufliches und privates Ansehen gelitten hätte", sagte Lieschke. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Der Polizist und die 33-Jährige hatten sich via Internet kennengelernt und Ende 2019, Anfang 2020 mehrere rein sexuelle Treffen, wie beide betont hatten. Danach habe man sich getrennt. 2021 hatte sich die junge Frau bei dem Polizisten wieder gemeldet, da sie nun eine Tochter hatte und er als Vater in Frage kam.

Der Mann hatte bisher drei Kinder aus zwei gescheiterten Beziehungen. "Sie haben einen Vaterschaftstest gefälscht, um künftige Unterhaltszahlungen zu vermeiden", sagte die Richterin. Das habe die 33-Jährige gewusst. Um diese Sache zu klären, war der Mann, wie er selbst gestand, im Oktober 2021 überraschend zu der Wohnung der Frau gefahren. Brennspiritus, Streichhölzer und Handschuhe hatte er dabei.

In der Wohnung in der obersten Etage hatte er die Frau und ihre Mutter bewusstlos geschlagen und die jüngere mit Brennspiritus in Brand gesetzt, wie Lieschke sagte. Gleich nach dem Anzünden sei der Mann geflohen. Mit dem Brand und der geplanten Tötung der Frau habe er den Betrug beim Vaterschaftstest verdecken wollen.

Die kurz bewusstlose Mutter der 33-Jährigen sei aber erwacht und habe das Feuer gelöscht. Mieterinnen in dem Plattenbau hörten die Hilfeschreie der Frauen und alarmierten die Polizei. Kurz danach ließen sich Nachbarinnen das kleine Kind der 33-Jährigen aus der Wohnung reichen. Polizisten holten beide Frauen aus der Wohnung.

Die Geschädigte, die an 14 Prozent der Körperfläche Verbrennungen erlitt, vor allem an den Oberschenkeln, sei ihr Leben lang gezeichnet, sagte Lieschke. "Wegen Ihnen muss eine ganze Familie unsägliches Lied ertragen."

Der Angeklagte floh damals, wurde aber wenige Stunden später zu Hause gefasst. Er hatte im Prozess erklärt, dass er mit Brennspiritus Feuer im Flur gelegt habe, um seine Fußspuren zu beseitigen. Er sei erst gegangen, als das Feuer schon erloschen war. Der Mann bestritt, die Frau angezündet zu haben - was ihm die Kammer aber nicht glaubte. Auch ein Brandgutachter bezweifelte die Tatversion des Polizisten.

Mit dem Urteil folgte die Kammer im Wesentlichen der Forderung der Staatsanwaltschaft, die eine Freiheitsstrafe von 13 Jahren verlangt hatte. Die Verteidigung hatte zweieinhalb Jahre Haft wegen fahrlässiger Brandstiftung verlangt.

Die geschädigte Frau muss noch mehrere Operationen wegen der Brandwunden über sich ergehen lassen, wie ihr Anwalt sagte. Sie und ihre Familie sind in ein anderes Bundesland gezogen. "Ihre Strafe wird irgendwann abgesessen sein", sagte die Richterin zu dem Verurteilten. "Hoffentlich kann Ihnen dann Ihre Tochter verzeihen."

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