Schwerin. Nach dem Corona-bedingten Rückfall ins Schuldenmachen strebt Mecklenburg-Vorpommern nun die Kehrtwende an: Neue Schulden will die Landesregierung in diesem und nächstem Jahr nicht machen. Das aber gelingt nur, weil der Sparstrumpf gut gefüllt war.

Mecklenburg-Vorpommern will ungeachtet der finanziellen Risiken durch die Corona-Pandemie und den Krieg in der Ukraine die Investitionen hoch halten und dabei ohne neue Schulden auskommen. "Es ist der Haushalt des Aufbruchs. Wir investieren in unser MV 2030, wie wir es uns in der MV-Koalition vorgenommen haben - wirtschaftlich stärker, sozial gerechter, umweltfreundlicher und nachhaltiger", sagte Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) am Montag im Landtag in Schwerin bei der Einbringung des Etatentwurfs für 2022/2023. Die Opposition beklagte unter Hinweis auf drohende Steuerausfälle mangelnden Sparwillen der rot-roten Koalition.

Um die für die beiden Jahre geplanten Ausgaben von jeweils insgesamt knapp 10 Milliarden Euro finanzieren zu können, müsse das Land aber seine Rücklagen nutzen, räumte Schwesig ein. Laut Etatentwurf werden für 2022 rund 500 Millionen Euro entnommen, im Folgejahr etwa 220 Millionen. Diese Mittel seien aber in konjunkturell guten Zeiten für unvorhergesehene Ausgaben in schwierige Zeiten und Krisen angespart worden, sagte Schwesig.

Nach ihren Angaben stehen im laufenden Jahr für Investitionen 1,7 Milliarden und im kommenden Jahr 1,5 Milliarden Euro bereit. Zu den Schwerpunkten gehörten der weitere Breitbandausbau und die Förderung zukunftsträchtiger Energieprojekte wie die Produktion von grünem Wasserstoff, der in grünen Gewerbegebieten eingesetzt werden solle. "Wir investieren vor allem in wirtschaftliche Stärke. Denn von der wirtschaftlichen Entwicklung unseres Landes hängt auch die Zukunft unseres Landes ab", sagte Schwesig.

Den Kommunen sicherte sie eine weiterhin gute Finanzausstattung zu. Die investiven Zuweisungen würden in diesem Jahr auf rund 780 Millionen Euro steigen. Im sozialen Bereich lägen die Schwerpunkte weiter bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf und bei guter Bildung. So seien im Doppelhaushalt 10,5 Millionen Euro für den kostenfreien Ferienhort eingeplant. Die dafür nötige Gesetzesänderung wurde am Montag ebenfalls auf den Weg gebracht.

CDU-Fraktionschef Franz-Robert Liskow warf der Koalition vor, wichtige Reformen aufzuschieben und Sparen nicht ernst zu nehmen. "SPD und Linke wollen sich mit schmerzhaften Einschnitten nicht befassen, sondern setzen stattdessen auf das Prinzip Hoffnung", sagte Liskow. Dabei sei sich die Koalition der Notwendigkeit "struktureller Anpassungen auf der Ausgabenseite" und einer stärkeren Priorisierung des Mitteleinsatzes bewusst. Sie werde aber mit dem vorgelegten Haushaltsentwurf ihrer Verantwortung für gesunde Staatsfinanzen nicht gerecht.

AfD-Fraktionschef Nikolaus Kramer beklagte, dass die Regierung ihre Etatpläne erst jetzt vorlege und so wenig Zeit für die Beratung im Parlament bleibe. Er forderte Personaleinsparungen in den Ministerien. Stattdessen sollten Behörden, die direkt Dienstleistungen für Bürger bringen, und die Polizei gestärkt werden. Wie die CDU votiert auch die AfD dafür, noch nicht abgerufene Mittel aus dem 2,8 Milliarden Euro umfassende MV-Corona-Schutzfonds nicht zu nutzen und so die Kreditlasten zu senken.

Für die Grünen beklagte Fraktionschef Harald Terpe, dass sich die Landesregierung nur unzureichend auf die Zukunftstransformation einstelle. "Ich habe die Befürchtung, dass ihr politisches Koordinatensystem aus der Zeit gefallen ist. Jedenfalls muss man im Haushalt den Begriff Klimaschutz, die erneuerbaren Energien, einen Eigenbeitrag zur Agrarwende und zur Verkehrswende, die den Namen verdient, mit der Lupe suchen", sagte Terpe.

FDP-Fraktionschef Renè Domke forderte angesichts der hohen Deckungslücken, die nur mit dem Rückgriff auf die Rücklagen ausgeglichen werden könnten, ernsthaftere Anstrengungen zum Sparen. "Für uns gilt das Prinzip, die Ausgaben müssen sich nach den Einnahmen richten, und nicht umgekehrt", sagte er.

Redner von SPD und Linke verteidigten den vorliegenden Etat-Entwurf gegen Kritik. "Der Haushalt ist solide, vorausschauend sowie verlässlich und trägt die Überschrift einer verantwortlichen Politik unserer MV-Koalition", sagte Tilo Gundlack von der SPD. "Mit dem vorliegenden Entwurf des Doppelhaushalts befinden wir uns – allen Unkenrufen zum Trotz – auf Kurs hin zu einem wirtschaftlich starken, sozial gerechten und nachhaltigen Mecklenburg-Vorpommern", sagte Linksfraktionschefin Jeannine Rösler. Dies zeige sich vor allem an den Investitionen in Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung.

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