Stralsund. Stralsunds Oberbürgermeister hegt große Pläne für die Werft in der Hansestadt. Auch ohne Angela Merkel als zuständige Bundestagsabgeordnete macht er sich um die künftige Entwicklung der Stadt keine Sorgen.

Auf dem Gelände der insolventen MV Werften in Stralsund soll es nach Plänen des Oberbürgermeisters der Hansestadt künftig deutlich mehr Jobs geben. "Das Minimalziel muss dort auf alle Fälle schon 1000 sein", sagte Alexander Badrow der Deutschen Presse-Agentur. Dazu sollen laut dem CDU-Politiker mehrere Firmen auf dem Gelände angesiedelt werden, das die Stadt kaufen will. Zuletzt hatte die Werft in Stralsund laut Gewerkschaft nach Stellenstreichungen noch 230 von vormals 540 Angestellte.

Nach Badrows Vorstellungen soll mit der Ansiedlung mehrerer Firmen eine zu große Abhängigkeit des Standortes von einem Unternehmen vermieden werden. Deutschland könne zudem nicht durch günstige Stahl-, Energie- oder Personalkosten bestechen, darum müsse es um Innovation gehen. Eines der Unternehmen soll nach Badrows Vorstellungen Nordic Yards sein.

Er lies durchblicken, dass entsprechende Verhandlungen über eine Ansiedlung recht konkret sind. Nach dem Stand gefragt, sagte er, ohne einen größeren Partner "würde ich's auch nicht wagen". Das Unternehmen war vor Genting Eigentümer der Werft-Standorte in Wismar, Rostock und Stralsund gewesen und ist laut Medien wieder an letzteren beiden Werften interessiert. Die Stadt hat im Haushalt bereits mehr als 10 Millionen Euro für den Kauf der Flächen eingestellt.

Die MV Werften mit Standorten in Wismar, Rostock und Stralsund und Spezialisierung auf den Bau von Kreuzfahrtschiffen hatten vergangenen Montag Insolvenz angemeldet. Genting - der asiatische Mutterkonzern - ist wegen der Krise der Kreuzfahrtbranche infolge der Corona-Pandemie in Schieflage geraten.

Vom Kauf der Fläche könnte die Stadt nach Badrows Plänen auch durch eine Verlagerung des Seehafens profitieren. An dessen jetzigem Standort zwischen Ozeaneum und Rügenbrücke plane die Stadt Wohnungen und Arbeitsplätze direkt am Wasser.

"Und dann kann man sich die Frage stellen: Berlin-Mitte, Frankfurt - da kann man arbeiten. Aber ist das eine Lage, die vergleichbar ist mit dem, was wir direkt am Wasser anbieten können?" In der Corona-Pandemie sieht Badrow auch Chancen für seine Stadt. Es sei deutlich geworden, dass Arbeitnehmer in ihrer Ortswahl flexibler sein könnten und bestimmte Jobs auch abseits etwa von Berlin-Mitte möglich seien. Gleichzeitig hätten solche Orte durch coronabedingte Einschränkungen an Attraktivität verloren.

Badrow macht sich auch ohne Angela Merkel (CDU) als die für den Wahlkreis zuständige Bundestagsabgeordnete keine Sorgen um die Entwicklung der Hansestadt. "Als Frau Merkel hier war, mussten wir unsere Hausaufgaben schon selber machen, und wir waren da ziemlich gut drin", sagte er. "Wer sie kennt, weiß auch, man musste fast die Hausaufgaben noch ein bisschen besser machen."

Zu den Herausforderungen als Bürgermeister sagte Badrow: "Eigentlich bin ich selber ja Bauingenieur und habe mir gedacht, es reicht schon, wenn in der Stadt genug gebaut wird." Das funktioniere auch ganz gut. "Aber das wichtigere Thema ist wirklich, dass die Bevölkerung zusammenhält." Um diesen Zusammenhalt zu stärken, habe die Stadt mit einem Riesen-Kraftakt etwa den zurückliegenden Weihnachtsmarkt trotz Corona und sich ständig verändernder Regeln organisiert.

Badrow ist seit 2008 im Amt und wurde 2015 wiedergewählt. Bei der Oberbürgermeisterwahl im Mai tritt Badrow gegen die parteilose Unternehmerin Melanie Rocksien-Riad an, die von der SPD und Grünen unterstützt wird. Zur Wahl sagte der Amtsinhaber: "Bei dem, was wir vorhaben, kann ich jetzt nicht sagen: "Nee, lass mal jemand anderes"."

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