Schwerin. Genting Hongkong hat die Landesregierung in Schwerin mit einer Klage auf sofortige Auszahlung von 78 Millionen Euro Hilfskredit überrascht. Die Kritik am Verhalten des Konzerns hält an.

Die Kritik am Verhalten des Konzerns Genting Hongkong, dem die MV Werften gehören, reißt nicht ab. Die am Donnerstag bekannt gewordene Klage von Genting gegen die Landesregierung von Mecklenburg-Vorpommern auf sofortige Auszahlung eines Hilfsdarlehens in Höhe von 78 Millionen Euro stößt bei der IG Metall auf Unverständnis. "Entscheidend ist, dass mit Hochdruck an Lösungen für den Erhalt der Standorte und der Beschäftigung gearbeitet wird", sagte der Bezirkssekretär IG Metall Küste, Heiko Messerschmidt, am Freitag. "Juristische Auseinandersetzungen helfen dabei nicht weiter." Auf den MV Werften arbeiten rund 2000 Menschen. Ihre Zukunft ist ungewiss.

Der Bund der Steuerzahler MV warnte vor Zahlungen ohne solides Zukunftskonzept. "Das gesamte Rettungskonstrukt steht von Beginn an auf wackeligen Beinen", stellte die stellvertretende Landesvorsitzende Diana Behr am Freitag fest. Der Bund der Steuerzahler hatte schon vor Monaten gefordert, aus der "Rettungsspirale" auszusteigen und für die MV Werften neue Geschäftsfelder außerhalb des Kreuzfahrtschiffbaus zu erschließen. Den Bau von Offshore-Plattformen lehnte Genting jedoch im Frühjahr ab.

Das Land hatte kurz vor Weihnachten das Hilfsdarlehen unter der Bedingung an Genting Hongkong zugesagt, dass sich das Unternehmen und der Bund über die Zukunftsperspektive der Werften in MV einig werden. Mit dem Geld sollte die Zeit überbrückt werden, bis ein großes Hilfspaket des Bundes über weitere 300 Millionen Euro für den Fertigbau des Riesen-Kreuzfahrtschiffes Global 1 auf der MV Werft in Wismar zum Tragen kommt. 300 Millionen Euro hat der Bund nach Angaben von MV-Finanzminister Heiko Geue (SPD) bereits gewährt. Der Bund wiederum verlangt demnach von Genting, 60 Millionen Euro beizusteuern und eine Garantie für den Fortbestand der MV Werften zu geben. Zuletzt hieß es am Donnerstagabend, dass Bund und Genting noch keine Einigkeit erzielt hätten.

Am gleichen Tag machte die Landesregierung die Klage von Genting Hongkong auf sofortige Auszahlung der 78 Millionen Euro öffentlich. Zunächst entschied das Landgericht Schwerin demnach, dass MV 5,6 Millionen Euro auszahlen müsse. Kurz darauf hieß es, das Gericht habe entschieden, dass das Geld "derzeit" doch nicht ausgezahlt werden müsse. Das Land sei über die Klage irritiert, hieß es von Wirtschafts- und Finanzministerium.

"Es ist auch für uns eine sehr unübersichtliche Gemengelage", sagte der Gewerkschafter Messerschmidt. Er drängte auf kurzfristige Lösungen. "Da sind alle gefordert: Bund, Land und auch der Genting-Konzern", betonte er. Genting Hongkong war zunächst nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.

Dass Steuergeld in die Werften im Nordosten fließt, ist schon häufig vorgekommen. "Innerhalb der vergangenen Jahre wurden die Werften in MV immer wieder gerettet", erinnert der Steuerzahlerbund und kritisiert: "Eine Neuausrichtung der Branche, hin zu modernen und klimafreundlichen Angeboten, wurde bisher vertagt." Auch 2021 sei wertvolle Zeit verschenkt worden, um für die Standorte tragfähige Perspektiven zu entwickeln. "Der Bund der Steuerzahler MV warnt erneut eindringlich davor, weitere Mittel ohne solide Zukunftskonzepte freizugeben!"

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