Schwerin. Sollte die Stadt Rostock dem FC Hansa Rostock das Ostseestadion abkaufen und aufwendig sanieren? Der Bund der Steuerzahler meint Nein. Dies ist einer von sechs Fällen aus MV im neuen Schwarzbuch, die der Verein für Verschwendung hält.

Eine Fahrradbrücke, die kaum abkürzt, ein zu sanierendes Stadion, das die Stadt Rostock übernehmen soll, eine Impfstoff-Bestellaktion im Alleingang - der Bund der Steuerzahler hat in seinem jüngsten "Schwarzbuch" sechs Fälle aus dem Nordosten veröffentlicht, in denen aus seiner Sicht Steuern verschwendet wurden oder eine Steuerverwendung droht. Das sind die Fälle:

Stadt Rostock soll das Stadion von Hansa Rostock sanieren

Bund der Steuerzahler: "Der F.C. Hansa Rostock hat über die Jahre Schulden angehäuft. Dafür soll nun der Steuerzahler aufkommen: Insgesamt 30 Millionen Euro sollen die Hansestadt Rostock und das Land Mecklenburg-Vorpommern in Kauf und Sanierung des Ostseestadions investieren." Der Verein solle lieber private Investoren suchen statt von der öffentlichen Hand Millionen für den Profisport zu fordern.

Rostocks Finanzsenator Chris Müller-von Wrycz Rekowski (SPD): "Der FC Hansa Rostock hat die letzten neun Jahre am Spielbetrieb der 3. Fußball-Liga teilgenommen, der eben nicht hochprofitabel, sondern praktisch flächendeckend defizitär ist." Aus diesem Grund sei der Verein mit der Bitte an die Stadt Rostock herangetreten, die wirtschaftliche Belastung bei Unterhalt und Instandhaltung des Ostseestadions zu reduzieren. Der Club habe für Stadt und Region eine enorme Bedeutung als Imageträger und sei auch ein erheblicher Wirtschaftsfaktor. Profifußball und Live-Events im Stadion sorgten für Umsätze und Einkommen und somit auch für Steuereinnahmen, so Müller-von Wrycz Rekowski. Vor diesem Hintergrund prüfe die Stadt die Bitte. "Die Entwicklung eines tragfähigen Modells bedarf aber noch weiterer Untersuchungen." Klar sei, dass die vom FC Hansa Rostock zu zahlende Pacht den Kaufpreis über die Jahre ausgleichen müsse.

Klimastiftung MV - "Mogelstiftung auf Kosten der Steuerzahler"

Bund der Steuerzahler: "Um die Fertigstellung der Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 zu retten, gründete das Land Mecklenburg-Vorpommern die "Stiftung Umwelt- und Klimaschutz". Doch das Land setzt mit dem Stiftungskapital in Höhe von 200 000 Euro Steuergeld aufs Spiel."

Die Staatskanzlei: "Die Kritik ist absolut nicht vollziehbar." Das Land habe den Bau der Ostseepipeline immer unterstützt, weil man sie für die Energieversorgung Deutschlands für nötig erachte. "Durch die neue Stiftung sind zusätzliche Gelder für Klima- und Umweltschutzprojekte ins Land gekommen."

Impfstoff "Sputnik V"

Bund der Steuerzahler: "Das Land wollte sich den russischen Impfstoff Sputnik im Alleingang sichern und stellte über zehn Millionen Euro dafür aus dem Landeshaushalt zur Verfügung." Im Hintergrund sei es gar um die Ansiedlung einer Produktion gegangen. Doch bis heute ist der Impfstoff in der EU nicht zugelassen. 20 000 Euro seien für die Beratung durch eine Anwaltskanzlei versenkt worden.

Die Staatskanzlei: Die Landesregierung hat in einer Zeit, als nicht genug Impfstoff zur Verfügung stand, Gespräche über den Kauf von Sputnik-Impfstoff aufgenommen. "Dabei war immer klar, dass ein Kauf nur erfolgen kann, wenn der Impfstoff zugelassen wird. Nachdem eine Zulassung nicht erfolgte und Deutschland über ausreichend Impfstoff verfügte, haben wir die Gespräche ruhend gestellt. Die Landesregierung hat verantwortungsvoll gehandelt."

Eine Fahrradbrücke für 3,6 Millionen Euro

Der Bund der Steuerzahler: Schwerin hat eine neue Fahrradbrücke über den Ostorfer See. "Sie zu bauen hat fünf Jahre Zeit und 3,6 Millionen Euro gekostet." Sie kürze einen vorhandenen Radweg um den See aber um weniger als 1000 Meter ab.

Schwerins Oberbürgermeister Rico Badenschier (SPD): "Unser Leitbild sieht die Entwicklung zum Wasser vor." Der Verbindungsradweg mit der neuen Brücke sei Teil dieser Strategie und touristische Infrastruktur gebe es nicht zum Nulltarif. "Wir haben ein weiteres Highlight geschaffen, um für Einheimische und Gäste die Schweriner Seen erlebbar zu machen."

Zwei weitere Fälle

Rund 100 000 Euro wurden laut Steuerzahlerbund in Neubrandenburg für die Notsicherung des denkmalgeschützten Fischerhauses auf der Fischerinsel im Tollensesee ausgegeben. Doch die Insel dürfe aus Naturschutzgründen nicht betreten und das Haus damit nicht genutzt werden. Damit sei das Geld für umsonst ausgegeben worden.

Ein weiterer Fall betrifft noch einmal die Landesregierung: Das Land kaufte laut Steuerzahlerbund für die Schulen des Landes bei den drei großen Tageszeitungen Digitalabos in Höhe von zwei Millionen Euro. Für den Verein ist klar: "Ein Jahr vor den Landtags- und Bundestagswahlen brachte sich das Land bei den Medien in Stellung." Zu diesen beiden Fällen lagen zunächst keine Stellungnahmen der betreffenden Institutionen vor.

© dpa-infocom, dpa:211109-99-924866/4