Rostock. Die Linke in Mecklenburg-Vorpommern will sich auch durch aktuell eher ernüchternde Umfragewerte nicht von ihrem Ziel abbringen lassen: Sie will nach 15 Jahren in der Opposition zurück in die Regierung. Die Parteispitze gibt sich kämpferisch.

Die Linke in Mecklenburg-Vorpommern will nach der Landtagswahl im September wieder in Regierungsverantwortung. Sowohl Landesparteichefin Wenke Brüdgam als auch Spitzenkandidatin Simone Oldenburg machten auf dem Landesparteitag am Samstag in Rostock deutlich, dass ihre Partei die CDU nach 15 Jahren aus der Regierung drängen und damit für einen Politikwechsel sorgen wolle. "Stehen wir auf für ein Mecklenburg-Vorpommern, das mit uns gerechter, liebenswerter und lebenswerter wird. Stehen wir auf für ein Mecklenburg-Vorpommern mit Links", sagte Oldenburg vor den rund 90 Delegierten, die nach ausgiebiger Debatte am Abend das Programm für die Landtagswahl beschlossen.

In Mecklenburg-Vorpommern wird am 26. September der Landtag neu gewählt. Jüngsten Umfragen zufolge käme die Linke im Nordosten auf elf Prozent. Das wären noch einmal weniger Wählerstimmen als 2016, als die Partei mit 13,2 Prozent ihr bislang schlechtestes Wahlergebnis verzeichnete. Laut Umfrage hätte eine Koalition aus SPD, Grünen und Linken aber eine knappe Mehrheit im künftigen Parlament.

Die Corona-Krise habe den Menschen viel abverlangt und die Defizite im aktuellen Regierungshandeln der SPD/CDU-Koalition offengelegt. "In dieser Situation bräuchte es eine Regierung der Tatkraft", sagte Brüdgam. Für eine solche Regierung bedürfe es aber eines politischen Wechsels mit einer starken Linken. Dafür werde ihre Partei im anstehenden Wahlkampf werben. Das Wahlprogramm mit den Schwerpunkten gute Bildung und Kinderbetreuung, Kampf gegen Armut und für ein Ende des West-Ost-Gefälles bei Löhnen und Renten zeige, wofür die Linke eintrete.

Oldenburg beklagte, dass Bildung noch immer abhängig sei vom Einkommen der Eltern und jedes dritte Kind in Mecklenburg-Vorpommern in Armut lebe oder armutsgefährdet sei. Daher fordere die Linke mehr Geld für Bildung und kostenloses Mittagessen an Schulen. Mecklenburg-Vorpommern müsse durch angemessene Vergütungen sein Image als Niedriglohnland abstreifen. Das aber gelinge nicht, solange das Durchschnittseinkommen ein Viertel unter Westniveau liege und etwa ein Koch in Bayern 1000 Euro mehr im Monat verdiene als in MV. "Unser Land muss ein Land werden, aus dem niemand mehr wegziehen muss, um ein gutes Leben zu haben", sagte Oldenburg.

Der Co-Vorsitzende Torsten Koplin attackierte in seiner Rede die politische Konkurrenz. "Die CDU vertritt einzig und allein die Interessen der Großkonzerne und der Superreichen, wenn nicht ihre eigenen", sagte er. Die FDP stehe für alte Privatisierungskonzepte für die öffentliche Daseins- und die Altersvorsorge. Die Grünen machten sich für Waffenlieferungen stark und die SPD benötige Druck von Links, um ihre Versprechen für soziale Verbesserungen auch umzusetzen.

"Wir haben allen Grund, angriffslustig und selbstbewusst in den Wahlkampf zu gehen", sagte Koplin unter Hinweis auf die Ziele und Angebote im Wahlprogramm seiner Partei. Die damit verbundenen Kosten bezifferte er mit etwa 500 Millionen Euro, zuzüglich Ausgaben für Investitionen. "Das ist viel Geld. Es gibt aber auch viele Probleme im Land", sagte Koplin. Schon eine gerechte Besteuerung hoher Vermögen bringe dem Land jedoch jährlich bis zu 300 Millionen Euro an Zusatzeinnahmen.

Der Landesparteitag wurde überlagert von neuerlichen Personalquerelen. So hätten zwei Delegierte aus dem Kreisverband Schwerin zunächst Forderungen nach einem Parteiausschluss der ehemaligen Bundestags-Fraktionsvorsitzenden Sahra Wagenknecht unterstützt, ihre Anträge dazu dann aber zurückgezogen, sagte ein Parteisprecher.

Der Vorsitzende der Linksfraktion und Rostocker Direktkandidat für den Bundestag, Dietmar Bartsch, warnte davor, mit parteiinternen Personaldebatten die Chancen der Linken bei den bevorstehenden Bundes- und Landtagswahlen nachhaltig zu schwächen. "Ich finde es unverantwortlich, in einer solche Situation, rund 100 Tage vor den Wahlen, Ausschlussanträge zu stellen", betonte er. Kritik gehöre zum politischen Alltagsgeschäft, doch dürfe niemandem seine Meinung verboten werden.

"Wir sollten die Eitelkeiten mal zurückstellen und uns wirklich auf die politischen Konkurrenten konzentrieren", sagte Bartsch unter dem Beifall der Delegierten und nahm kurz darauf den vorpommerschen CDU-Bundestagsabgeordneten Philipp Amthor ins Visier. Dass die Nordost-CDU nun den wegen seiner Lobby-Tätigkeit massiv in die Kritik geratenen Jungpolitiker nach Kanzlerin Angela Merkel zu ihrem Spitzenkandidaten gemacht habe, sei eine "Bankrotterklärung".

Am 26. September werden der Bundestag sowie die Landesparlamente von Thüringen, Berlin und Mecklenburg-Vorpommern neu gewählt.

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