Schwerin. Die Infektionslage in Mecklenburg-Vorpommerns hat sich deutlich entspannt. Doch die Debatte um die Strategie der Landesregierung zur Bewältigung der Corona-Pandemie geht weiter. Im Landtag prallten die Meinungen aufeinander.

Die Strategie der Landesregierung zur Bewältigung der Corona-Krise hat am Mittwoch im Landtag Mecklenburg-Vorpommerns zu einem verbalen Schlagabtausch geführt. Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) verteidigte unter Hinweis auf die zuletzt deutlich gesunkenen Ansteckungszahlen im Land den Kurs des harten Lockdowns, der erst die jüngst beschlossenen Lockerungen ermöglicht habe.

AfD-Fraktionschef Nikolaus Kramer bezeichnete die Schutzmaßnahmen als völlig überzogen. Wie die Fraktionschefs von CDU und SPD, Wolfgang Waldmüller und Thomas Krüger, bezeichnete auch die Vorsitzende der oppositionellen Linksfraktion, Simone Oldenburg, die Haltung der AfD als verantwortungslos. Die Partei habe seit Ausbruch der Pandemie keinen Vorschlag gemacht, Leben zu schützen und Leben zu retten, sagte sie.

Schwesig zeigte sich angesichts der jüngsten Entwicklungen optimistisch für die kommenden Monate. "Der Sommer kommt, Corona geht", sagte sie in ihrer Regierungserklärung. Die aktuell geringe Infektionslage mit der bundesweit geringsten Inzidenz von unter 10 sei auch Folge des harten Lockdowns. Es habe sich als richtig erwiesen, im Land zum Teil härtere Maßnahmen zu ergreifen, als mit dem Bund vereinbart. Die große Mehrzahl der Bürger habe sich auch danach gerichtet.

Vor allem Kinder und Familien hätten unter den Einschränkungen zu leiden gehabt. "Deshalb möchte ich ihnen von Herzen danken, dass sie diese Zeit so gestemmt haben. Wir haben ihnen viel zugemutet, sie haben in dieser Zeit viel geleistet", sagte Schwesig. Zudem erinnerte sie an die wirtschaftlich schwierige Zeit für Gastronomen, Hoteliers und auch Künstler. Zwar habe es finanzielle Hilfen vom Staat gegeben, doch hätten damit nicht alle Ausfälle kompensiert werden können.

Die Fallzahlen hätten sich schneller verringert als erwartet und damit hätten Öffnungsschritte vorgezogen werden können, sagte Schwesig. Gaststätten seien schon länger wieder geöffnet und seit kurzem auch Touristen aus dem ganzen Bundesgebiet wieder im "Tourismusland Nummer 1" herzlich willkommen.

Doch mahnte Schwesig weiter zur Vorsicht und Einhaltung der Hygieneregeln, um wieder zunehmende Ansteckungen und eine neue Infektionswelle im Herbst zu verhindern. Am wichtigsten sei, die Impfungen voranzutreiben. Schwesig zeigte sich zuversichtlich, dass trotz des von ihr mehrfach kritisierten stockenden Impfstoffnachschubs bis zum Spätsommer jedem ein Impfangebot gemacht werden kann. Zudem kündigte sie die Bildung eines ressortübergreifenden Corona-Stabes an, der das Impfgeschehen koordinieren und Vorkehrungen für den Herbst treffen solle.

AfD-Fraktionschef Kramer warf der Landesregierung vor, einseitig auf den Rat von Wissenschaftlern gehört und das Land unnötig lange im Lockdown gehalten zu haben. "Unser Dank gebührt nicht nur den Menschen, die mit einem Lächeln im Gesicht diese Erniedrigungen der Corona-Politik hingenommen haben, sondern insbesondere den Menschen, die gegen diese Maßnahmen aufbegehrten", sagte Kramer. Sein Fraktionskollege Horst Förster warf der Regierung unverhältnismäßiges Handeln vor. "Dem Lebensschutz kann nicht alles untergeordnet werden, vor allem jetzt rückblickend nicht die verfassungsmäßigen Rechte der Kinder", sagte Förster.

Linksfraktionschefin Oldenburg forderte die Einrichtung einer Enquete-Kommission im Landtag, um mit Hilfe von Experten Lehren aus dem Corona-Krisenmanagement zu ziehen und das Land für die Zukunft zu wappnen. "Weil wir eben noch nicht über den Berg sind, sind wir weiterhin in der Verantwortung. Jetzt fängt die schwierige Zeit der Politik erst an", betonte sie. Zudem sprach sie sich dafür aus, das 31 Euro kostende Schülerferien-Ticket in diesem Jahr zu verschenken und auch die Hilfen für besonders von der Pandemie betroffene Unternehmen und Beschäftigte zu verlängern. Für Kulturschaffende solle es ein Sommerstabilisierungsprogramm geben, das Kurzarbeitergeld solle angehoben werden.

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