Kiel/Schwerin. Vor fast genau einem Jahr erreichte die Corona-Pandemie Mecklenburg-Vorpommern. Die Menschen und die Wirtschaft leiden nun unter dem zweiten Lockdown. Knapp 9000 Menschen mehr sind heute arbeitslos.

Die Zahl der Arbeitslosen in Mecklenburg-Vorpommern ist von Januar auf Februar um 900 auf 71 600 gestiegen. Die Erwerbslosenquote liegt bei 8,7 Prozent nach 8,6 Prozent im Vormonat, wie die Regionaldirektion Nord der Bundesagentur für Arbeit am Dienstag in Kiel bekanntgab. Im Vergleich zum Februar 2020 liege die Zahl der Erwerbslosen jetzt um 8900 höher, das sei ein Zuwachs um 14,2 Prozent gegenüber dem Vorjahreswert. Die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf den Arbeitsmarkt seien weiterhin sichtbar, sagte die Chefin der Regionaldirektion, Margit Haupt-Koopmann.

Sie wies darauf hin, dass sich im Februar deutlich weniger Beschäftigte des ersten Arbeitsmarkts arbeitslos gemeldet haben als im Februar 2020. Die 3800 Meldungen bedeuteten ein Minus gegenüber dem Vorjahresmonat um 14,1 Prozent. Dazu trügen speziell Hotels und Gaststätten bei, da sie ihr Personal mit Blick auf mögliche Lockerungen und das erhoffte Ostergeschäft halten und auf Entlassungen verzichten. "Allerdings wäre diese Personalpolitik ohne finanzielle Unterstützung durch Kurzarbeitergeld sowie die Hilfsprogramme des Bundes und Landes nur in Ausnahmefällen möglich."

Wie Wirtschaftsminister Harry Glawe (CDU) sagte, haben im Februar rund 1100 Betriebe für 11 600 Beschäftigte Kurzarbeit angezeigt. Die Nachfrage sei im Vergleich zum Januar mit 2300 Betrieben für 19 600 Beschäftigte gesunken. Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit waren im vergangenen November in Mecklenburg-Vorpommern 37 900 Beschäftigte in 5700 Betrieben vor allem aus dem Einzelhandel, dem Gastgewerbe und dem Gesundheitswesen in Kurzarbeit. "Kurzarbeit hilft, die Folgen der Pandemie auf dem Arbeitsmarkt abzufedern."

Ein besonderes Augenmerk legte Haupt-Koopmann auf den Ausbildungsmarkt. Jugendliche sollten im Sommer nach der Schule eine gute Perspektive haben. "Kein Abschluss ohne Anschluss" betonte sie. Das sei jedoch in Pandemie-Zeiten eine große Herausforderung. Die Jugendlichen, die noch keine genauen Vorstellungen von ihrer Zukunft haben, sollten sich dringend um diese Frage kümmern. Dafür stünde ausreichend Unterstützung und praktische Bewerbungshilfe etwa bei den Berufsberatungen zur Verfügung.

Der pandemiebedingte Rückgang der Ausbildungsverträge fiel im vergangenen Ausbildungsjahr in Mecklenburg-Vorpommern im Vergleich zum Jahr davon mit 5,7 Prozent bundesweit am geringsten aus. Der Bundesschnitt lag bei 11 Prozent, wie Haupt-Koopmann sagte.

Auch der arbeitsmarktpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Sebastian Ehlers, sieht erhebliche Schwierigkeiten auf den Ausbildungsmarkt zukommen. "Die gemeldeten Ausbildungsstellen sind rückläufig und der Rückgang an Bewerbern fällt sogar noch deutlicher aus." Die Schwachstellen des dualen Ausbildungssystems würden durch die Pandemie anscheinend vergrößert. "Die mangelhafte Digitalisierung der Beruflichen Schulen sowie das Fehlen von Berufsschullehrern sind beklagenswerte Aspekte, die uns gegenüber anderen Bundesländern einen Wettbewerbsnachteil bescheren."

Die Linke richtete ihren Blick auf die sozialen Folgen der Arbeitslosigkeit. "Vielen, die in den zurückliegenden Monaten bereits arbeitslos geworden sind, droht der Absturz in Hartz IV, wenn sie nicht schon dort gelandet sind", sagte der arbeitsmarktpolitische Sprecher der Linksfraktion, Henning Foerster. Von Kurzarbeitergeld nach Mindestlohn könnten viele Betroffene kaum leben. Die Linke unterstütze deshalb die Forderung der Gewerkschaften nach Einführung eines Mindestkurzarbeitergeldes in Höhe von 1200 Euro.

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