Schwerin. Vor vier Jahren fuhr der Islamist Anis Amri auf einem Berliner Weihnachtsmarkt in eine Menschenmenge. Es gab zwölf Tote. Noch wird gerätselt, weshalb der Verfassungsschutz Mecklenburg-Vorpommerns spätere Informationen zum Umfeld des Attentäters nicht ernst nahm.

Das Handeln des Landesverfassungsschutzes im Zusammenhang mit dem islamistischen Terroranschlag auf dem Berliner Breitscheidplatz beschäftigt weiter die Politik. In der Aktuellen Stunde des Landtags am Mittwoch in Schwerin wurde erneut Kritik an der Entscheidung der Behörde laut, Anfang 2017 Informationen zum Umfeld des Islamisten Anis Amri kurze Zeit nach dem Anschlag nicht weitergegeben zu haben. Bei der Gewalttat im Dezember 2016 hatte es zwölf Tote gegeben.

Der Landesverfassungsschutz habe vor und nach dem Anschlag Angaben eines Informanten an die Berliner Behörde weitergegeben. Doch seien diese dort nicht nachvollziehbar gewesen. "Das stellte die Glaubwürdigkeit der Quelle irgendwann grundsätzlich in Frage", sagte Innenminister Torsten Renz (CDU) in der von der AfD beantragten Aktuellen Stunde. AfD-Fraktionschef Nikolaus Kramer forderte Renz auf für "Wahrheit und Klarheit" zu sorgen.

Den Angaben zufolge hatte ein Informant im Februar 2017 in Berlin angeblich mitgehört, dass der spätere Weihnachtsmarkt-Attentäter bei der Vorbereitung des Anschlags und seiner anschließenden Flucht Unterstützung von einer Berliner Familie mit arabischen Wurzeln erhalten haben soll, die im kriminellen Milieu unterwegs ist. Dies sei aber als unglaubwürdig eingeschätzt worden, so Renz.

Der erst im November ins Amt gekommene Innenminister kündigte an, dass sein Innenstaatssekretär Thomas Lenz (CDU) am Donnerstag vor dem Amri-Untersuchungsausschuss des Bundestags umfangreich Stellung zu dem Vorgang nehmen werde. Der Chef des Landesverfassungsschutzes, Reinhard Müller, hatte kürzlich bei seinem Auftritt vor dem Gremium mit ausweichenden Antworten die Ausschussmitglieder in Rage gebracht.

Renz machte deutlich, dass frühere Vorwürfe, der Islamist Amri habe mit Hilfe der Informationen vorher gestoppt werden können, keine Grundlage hätten. "Ich sage hier in aller Deutlichkeit und zum Mitschreiben: Die Vorwürfe, dass der Anschlag hätte verhindert werden können, betreffen die Sicherheitsbehörden in Mecklenburg-Vorpommern in keiner Weise", sagte Renz.

Der Linken-Abgeordnete Peter Ritter nahm die Debatte zum Anlass, die Arbeitsweisen des Verfassungsschutzes grundsätzlich zu kritsieren. "Nicht die Reihe von Skandalen, sondern die Routine des Verfassungsschutzes ist das eigentlich Gefährliche. Die mit allen Mitteln und nahezu um jeden Preis verfolgte Abschottung prägt das Wesen und damit gleichermaßen die Gefahr dieser Behörde", sagte Ritter. Das habe sich auch im NSU-Untersuchungsausschuss des Landtags gezeigt. Ritter beklagte "Aktenschwärzen bis zur Unkenntlichkeit und das Verschleppen von Beweisbeschlüssen über zwei Jahre".