Schwerin. Die Regierungschefin äußert Verständnis für Unmut über den Teil-Lockdown und wirbt für die Maßnahmen. Eine nationale Kraftanstrengung sei gegen das Coronavirus nötig. Die Mobilität sollte ihrer Ansicht nach noch weiter eingeschränkt werden.

Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) hat sich für weitergehende Reisebeschränkungen innerhalb Deutschlands ausgesprochen, um die hohen Infektionszahlen mit dem Coronavirus zurückzudrängen. "Nach meiner tiefen Überzeugung ist es besser, für Gebiete mit hohen Inzidenzen Regeln zu haben", sagte Schwesig am Donnerstag in einer Regierungserklärung im Schweriner Landtag. Dabei sollten auch Familienbesuche einbezogen werden. Es gehe um Gebiete mit mehr als 100 Neuinfektionen je 100 000 Einwohner in sieben Tagen.

Schwesig und Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) waren vor einigen Wochen mit einem Vorstoß für Reisebeschränkungen aus Corona-Hochrisikogebieten gescheitert. Zudem wurde ein Beherbergungsverbot in MV für Menschen aus deutschen Risikogebieten vom Oberverwaltungsgericht in Greifswald gekippt. Nach Schwesigs Worten lebt inzwischen mehr als die Hälfte der Menschen in Deutschland in Gebieten mit einer Inzidenz von über 100. Bund und Länder beschlossen am Mittwoch ein Verbot touristischer Übernachtungen in Hotels. Das reicht aus Schwesigs Sicht nicht aus.

Die MV-Ministerpräsidentin warb in ihrer Regierungserklärung um Verständnis für den Teil-Lockdown ab Montag in ganz Deutschland. In den vergangenen sieben Tagen hätten sich allein in Mecklenburg-Vorpommern 579 Menschen neu mit dem Coronavirus angesteckt. Zehn Betroffene würden im Krankenhaus behandelt, sechs müssten beatmet werden. "Noch immer sind diese Zahlen geringer als in allen anderen Bundesländern", sagte Schwesig. Aber sie seien höher als je zuvor im Nordosten. Außerdem müsse MV seinen Beitrag für einen Rückgang der Infektionen in ganz Deutschland leisten. "Wir brauchen jetzt eine nationale Kraftanstrengung."

Unterdessen gibt es Kritik an den Maßnahmen aus dem Tourismus und auch aus der Kultur. "Wir haben uns bis zuletzt gegen eine Schließung gewehrt. Das ist der schlimmste einzutretende Fall", sagte der Dehoga-Landespräsident Lars Schwarz. Gastgewerbe und Gastronomie hätten in den vergangenen Monaten gezeigt, dass dort Hygienekonzepte umgesetzt würden, von denen kein erhöhtes Infektionsgeschehen ausgehe. "Die Entscheidungen treffen uns in voller Härte, wie bereits im Frühjahr." Die Vereinigung der Unternehmensverbände MV forderte eine komplette Umsatzerstattung für Unternehmen, die vom Teil-Lockdown betroffen sind.

Der Generalintendant des Mecklenburgischen Staatstheaters, Lars Tietje, betonte: "Kultureinrichtungen haben mit ausgeklügelten Hygienekonzepten, klaren Regeln und disziplinierten Besuchern dafür gesorgt, dass es keinen einzigen Fall von Infektionen in den Theatern und Konzertsälen Deutschlands gegeben hat." Er sehe die Verhältnismäßigkeit der beschlossenen Maßnahmen deshalb nicht gewahrt. "Der Mensch ist ein soziales Wesen und braucht Gemeinschaft und Kultur."

In der Landtagsdebatte nach Schwesigs Regierungserklärung gab es überwiegend Zustimmung zu den beschlossenen Maßnahmen. Der Landtag forderte die Landesregierung auf, die Hilfen für das besonders betroffene Gastgewerbe aufzustocken. Unternehmen mit bis zu 50 Mitarbeitern sollen demnach ihren Umsatz des Monats November 2019 nicht nur zu 75 Prozent, sondern zu 80 Prozent ersetzt bekommen. Auch für größere Unternehmen der Branche sollten weitergehende Hilfen geprüft werden, heißt es in dem gemeinsamen Papier von SPD, CDU und Linken. Die Landesregierung berät am Freitag in einer Sondersitzung des Kabinetts. Dabei soll dem Landtagsbeschluss zufolge auch geprüft werden, ob der Kinder- und Jugendsport vom Teil-Lockdown weitestgehend ausgenommen werden kann.

Grundlegende Kritik kam von der AfD. Der Vorsitzende der größten Oppositionsfraktion, Nikolaus Kramer, warf der Landesregierung "blinden Aktionismus" vor. Es fehlten Begründungen dafür, dass die eine Branche schließen müsse und die andere nicht, sagte er. Kinder könnten im voll besetzten Bus zur Schule fahren und dort mit vielen anderen Kindern zusammen sein, aber dürften am Nachmittag nicht mit Freunden auf dem Sportplatz bolzen. "Das erklären Sie mal den Menschen." Die anderen Fraktionen stellten sich hingegen hinter das Vorgehen der Regierung.